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292, Zeitschrift der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten Dezember 2013, www.daskonstruktiv.at, Euro 9,– | GZ 12Z039152 M | VPA 1070 Wien 292, Von oben betrachtet sieht das UNIQA Gebäude am Wiener Donaukanal wie ein Q aus. Genauer gesagt wie das Logo jener Versicherung, das von diesem Buchstaben abgeleitet ist. Schon die Entwicklung der Marke war nicht leicht. Galt es doch, die beiden traditionsreichen Unternehmen „Bundesländer“ und „Austria Collegialität“ zu vereinen. Ob sich das fusio­ nierte Management auch auf einen Inhalt für die neue Marke einigen konnte, darf bezweifelt werden. Denn die nackte Tatsache der Vereinigung musste für Namen und Logo herhalten. Immerhin sorgt das Fehlen des U vor dem Q für Markanz und formale Uniqueness. So betrachtet, muss man es dem Gebäude nachsehen, dass es so simpel und direkt das Logo als Außenform für ein Bürohaus verwendet. Denn selbst wenn Architekten fähig und willig sind, die schwierige Aufgabe auf sich zu nehmen, eine Marke in den Raum zu über­ setzen und eine Corporate Architecture zu entwickeln, die diesen Namen verdient, benöti­ gen sie dafür allemal einen Inhalt, eine Botschaft, eine Persönlichkeit, eine kulturelle Identität. Sie benötigen all das, was eine Marke ausmacht. Das Logo ist nur eine der vielen Erscheinungsformen einer Marke. Soll auch der Firmen­ sitz als Medium funktionieren, muss die Marke in der Sprache der Architektur buchstabiert werden. Und nicht umgekehrt Bauten zu Buchstaben geformt. Was käme heraus, wenn alle Gebäude von Firmen im Grundriss deren Logos zeigten? Vielleicht etwas Lustiges! Corporate Architecture sicherlich nicht. Wolfgang Pauser N Marke „Viele Menschen meinen, eine Marke sei ein Logo. Also ein Name, verbunden mit einer visuellen Logogestaltung und einem Corporate Design. Zeichen ohne Bedeutung sind jedoch ziemlich leer.“

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Inhalt 3 4 5 6 Editorial, Pendls Standpunkt Puntigams Kolumne, Dusls Schwerpunkt Standpunkte: Rudolf Kolbe, Walter Stelzhammer, Gerald Fuxjäger Plus / Minus: Jährlicher Fehlanzeige Kurze Nachricht aus Teilnahmebeitrag bei Normenausschüssen Elisabeth Stampfl-Blaha | Christian Aulinger | Klaus Thürriedl dem Exil Wer mit der U1 durch den transdanubischen Raum an den nordöstlichen Rand Wiens fährt, bis zur Endstation Leopoldau, kann dort unerwartet einem Pionier der Wiener Moderne in seinem symbolischen Exil begegnen. Die Adolf­Loos­Gasse säumt einen Teil der Plattenbauten der Großfeldsiedlung aus den frühen 70er­Jahren, bindet diese an U­Bahn und Stadt an. Die Erinnerung an Adolf Loos, den Architekten komplexer Raumkonstruk­ tionen, mutet in der Gesellschaft der anonymen Bauten der Nachkriegsarchitektur wie die provokante Collage von Architekturstudenten an. Der 1970 verliehene Straßenname verweist auf die Sehnsucht der vom Wiederaufbau geprägten Nachkriegsgeneration nach einer mondäneren, exklusiveren Moderne, aber auch auf eine Vernachlässigung, die bis zur Gegenwart reicht. Fern vom Zentrum erscheint die Nennung von Adolf Loos heute weniger als Ehrerbietung denn als Bannspruch, betrachtet man Straßennamen als Teil eines psychogeografischen Raums der Stadt, der das kollektive Bewusstsein und Gedächtnis einer Gesell­ schaft widerspiegelt. André Krammer N 7 Marke 8 – 10 Umsetzen, ausdrücken, spiegeln | Eine Marke bauen, wie soll das gehen? Wolfgang Pauser 11 – 14 Gebaute Unternehmenskultur | Drei Perspektiven auf Corporate Architecture Sebastian Jobst im Dialog mit DMAA, Andreas Leuchtenmüller und Rainer Köberl 15 – 19 traktat über die sprache der architektur | fragment Jan Tabor 20 – 22 Ein Logo ist keine Marke | Branding stellt Ingenieure und Architekten vor äußerst gegensätzliche Herausforderungen Peter Deisenberger 23– 24 Branding im Bauträgerbereich | Ein klarer Gewinn für Mensch und Umwelt Hans-Jörg Ulreich 25– 27 Die Marke „Backstage“ | Über den Bekanntheitsgrad der Bauingenieure Wojciech Czaja 29 Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren | Besuch von Dr. Sachs 30 – 32 Almenvermessungen in Österreich | Ziviltechniker bieten ihre Unterstützung an Michael Krassnitzer 34 – 35 40 Jahre KONstruktiv | Vom offiziellen Organ der Bundesingenieurkammer zur Zeitschrift der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten 36 – 37 Dimensionen der Sanierung | Über die Faktoren nachhaltigen Bauens Wolfgang Amann 38 – 39 100 Jahre Ingenieurkammergesetz | Zur Geschichte der österreichischen Ingenieurkammern Norbert Drexler 40 – 41 Aus dem Wettbewerb | Empfehlungen | Jüngste Entscheidung | Krassnitzers Lektüren 42 Porträt Harry Glück Anna Soucek 43 Fehlanzeige, Das nächste Heft 44 Von oben Impressum konstruktiv 292 Medieninhaber und Herausgeber Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK) 1040 Wien, Karlsgasse 9 T: 01-505 58 07-0, F: 01-505 32 11 www.daskonstruktiv.at Erscheinungsweise Auflage Einzelpreis Abopreis pro Jahr vier Mal jährlich 14.500 Stück 9,00 Euro 24,00 Euro Lektorat Dorrit Korger Grafisches Basiskonzept Gassner Redolfi, Schlins Bohatsch und Partner, Wien Gestaltung vektorama. grafik.design.strategie Wien Druck Ueberreuter Print GmbH, Korneuburg Gedruckt auf SoporSet Premium Abbildungen Seite 3: © Albertina, Wien // Seite 4: Ingo Pertramer, F. = Fotograf Andrea Maria Dusl // Seite 5: Otto Hainzl, bAIK // A. = Architekt Seite 7–27: Victor Enrich // Seite 29: bAIK/Fotografie Johannes Zinner // Seite 30: © Seiser Alm Marketing/ Laurin Moser // Seite 34–35: bAIK/KONstruktiv // Seite 36: Infografik – vektorama.grafik.design. strategie, Wien // Seite 42: Harry Glück // Seite 43: André Krammer, Superuse Studios // Seite 44: MA 41 – Stadtvermessung Die Redaktion ersucht diejenigen Urheber, Rechtsnachfolger und Werknutzungsberechtigten, die nicht kontaktiert werden konnten, im Falle des fehlenden Einverständnisses zur Vervielfältigung, Veröffentlichung und Verwertung von Werkabbildungen bzw. Fotografien im Rahmen dieser Publikation um Kontaktaufnahme. Das Gestaltungskonzept dieser Zeitschrift ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts ist unzulässig. Die Texte, Fotos, Plandarstellungen sind urheberrechtlich geschützt. Offenlegung gemäß §25 Mediengesetz ist auf www.daskonstruktiv.at veröffentlicht. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben ausschließlich die Meinung des Autors wieder, die sich nicht mit der des Herausgebers oder der Redaktion decken muss. Für unverlangte Beiträge liegt das Risiko beim Einsender. Sinngemäße textliche Überarbeitung behält sich die Redaktion vor. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Zugunsten der Lesbarkeit wird, wenn von den Autorinnen und Autoren nicht anders vorgesehen, auf geschlechtsspezifische Endungen verzichtet. Das Zitat auf dem Titel wurde dem Text von Peter Deisenberger entnommen. Das Rotterdamer Architekturbüro Superuse Studios führt in seinen Projekten oft alte Baumaterialien neuen Funktionen zu. Die Hülle des Recycloop, eines offenen Multifunktionspavillons, besteht aus den ausgedienten Spülbecken eines Abrisshauses. Redaktion, Anzeigen & Aboverwaltung art:phalanx Kunst- und Kommunikationsbüro Clemens Kopetzky (Geschäftsleitung) Redaktionsteam Susanne Haider, Sebastian Jobst, Heide Linzer 1070 Wien, Neubaugasse 25 /1 /11 T: 01-524 98 03-0, F: 01-524 98 03-4 redaktion@daskonstruktiv.at, anzeigen@ daskonstruktiv.at, abo@daskonstruktiv.at Redaktionsbeirat Walter Chramosta (Architekturpublizist), Gerald Fuxjäger (Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten), Georg Pendl (Präsident der bAIK), Rudolf Kolbe (Vizepräsident der bAIK und Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg), Sabine Oppolzer (Kulturjournalistin), Wolfgang Pauser (Konsumforscher & Berater), Walter Stelzhammer (Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Das nächste Heft „Alt Jetzt Neu“ – 2014 widmen sich die Architektur­ tage dem Verhältnis zwischen Altem und Neuen. Das KONstruktiv greift dieses Thema in der nächsten Ausgabe auf, um den Fragen nachzugehen, ob in unserer scheinbar schnelllebigeren Zeit Dinge tatsächlich schneller altern, wie mit Altbestand sowohl architekto­ nisch als auch technisch umgegangen wird und was den Unterschied zwischen Trends und tatsächlich Neuem ausmacht.

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Editorial Ein Logo, eine Produktverpackung, Organisa­ tionsstrukturen oder ein ganzes Firmenge­ bäude für sich sind noch keine Marke, denn eine solche ist mehr als die Summe der einzel­ nen Teile. Markenarchitekturen sollen eben­ diese Fragmente ordnen und untereinander abstimmen. Die Architektur einer Marke geht ihrer physischen Form also immer voraus. Seit jeher kommt der Architektur eine re­ präsentative Aufgabe zu, seien es profane oder sakrale Machtansprüche, immer schon war das Gebäude ein wichtiger Kommunikati­ onsträger der hegemonialen Ordnung. Waren es früher politische Herrschaft und kirchlicher Wahrheitsanspruch, scheinen heute zwei an­ dere in gewisser Form verwandte Systeme prägend zu sein, zunehmend wurden Museen, Theater und Opernhäuser sowie Räume der Ökonomie, seien es Börsen oder Unterneh­ menszentralen, zu den spektakulärsten Re­ präsentationsbauten unserer Zeit. Im Wettstreit um Aufmerksamkeit scheint es nicht mehr zu genügen, Qualität zu einem verhältnismäßigen Preis anzubie­ ten. Kunden entscheiden auch nach emotio­ nalen Gesichtspunkten, eben nach Marken. Unweigerlich muss so also eine Differenzie­ rung zwischen technischer und gestalteri­ scher Leistung entstehen, sind diese Felder doch nicht gleichermaßen zugänglich für disziplinfremde Kunden. Mit steigendem Be­ wusstsein für ökologisch nachhaltiges Bauen und steigenden Energiepreisen scheint sich die öffentliche Aufmerksamkeit zwischen Gestaltung und technischer Planung jedoch zunehmend auszugleichen. Sebastian Jobst N Pendls Standpunkt wir wissen, dass das „arbeiten“ bei starbüros oft gratis erfolgt, unter anführungszeichen, weil arbeiten auch mit angemessener bezah­ lung zu tun hat, andernfalls es sich bestenfalls um praktizieren handelt. was wir nicht alle wissen, ist, dass auch bei regionalen starbü­ ros, manchmal auch bei noch ganz unbekann­ ten, auch schlecht bezahlt wird und somit pre­ käre arbeitssituationen bestehen. umso unge­ rechtfertigter ist dies nun, wenn bekannt ist, dass solche büros durchaus gute aufträge auf­ weisen. nun mag das schlechte bezahlen der mit­ arbeiterInnen oft wirtschaftlich begründet werden, hängt aber dann letztlich nur an zu gering ausverhandelten honoraren oder mit der in architekturkreisen oft anzutreffenden selbstausbeutung hinsichtlich arbeitsleistung zusammen. selbstausbeutung sollte dann jedoch auch wörtlich verstanden und nicht auf mitar­ beiterInnen ausgedehnt werden. angemessene bezahlung der mitarbeiter­ Innen gehört genauso zum berufsethos wie der wille zur architekturqualität und das ein­ fordern angemessener honorare. ich werde die aufnahme eines entspre­ chenden passus in die standesregeln als selbst­ kontrollierende instanz des berufs anregen. wir arbeiten, wie im letzten heft berich­ tet, an neuen leistungsbildern und honorie­ rungsmodellen. die bAIK verfolgt daneben auch ein politisches ziel der gesellschaftli­ chen akzeptanz der angemessenen hono­ rierung der ingenieure und architekten. gesellschaftliche akzeptanz umfasst auftrag­ geber, konsumenten, aber auch die politik. In seinem grußwort beim 100. kammer­ tag, der am 25. 10. 2013 in wien stattgefunden hat, wies minister hundsdorfer auf das amts­ bekannte schlechte image der architekten be­ züglich mitarbeiterbezahlung hin, er hat uns hier einen hinweis ins stammbuch geschrie­ ben, den wir gerade auch in zusammenhang mit unserem wunsch nach angemessener ho­ norierung unserer leistungen im bewusstsein halten müssen. Georg Pendl (Präsident der Bundeskam­ mer der Architekten und Ingenieurkonsulenten) N Adolf Loos; The Chicago Tribune Column, Chicago, Michigan Avenue/Austin Avenue/St. Clair Street, Perspektive, 1922

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Ihr Herrgott macht’s persönlich Weil aufgrund des wissenschaftlichen Fort­ schritts die umständliche Hypothese eines allmächtigen Schöpfergottes immer schwe­ rer zu halten ist, wurde Intelligent Design er­ funden. Der Trick dabei: Die Fans dieser Ver­ marktungslinie akzeptieren die Mechanis­ men der Evolution, behaupten aber weiter­ hin, ihr Chef, der Herrgott, habe jene als Stararchitekt miterfunden. Als Beweis, dass er danach noch korrigierend eingegriffen und ihr nicht freien Lauf gelassen habe, wird gern der Bombardierkäfer genannt. Der hat von der Evolution einen regel­ rechten Explosionsapparat ans hintere Ende seines Körpers bekommen, mit dem er ein ät­ zendes, fast 100 °C heißes Gasgemisch mit ei­ nem Knall aus seinem Hinterleib auf seine Feinde schießen kann. Der Bombardierkäfer hat sogar ein veritables Chemielabor in sei­ nem Kofferraum: Wasserstoffperoxid, Hydro­ chinon, Katalase, Peroxidase, you name it. Er vermischt nun Wasserstoffperoxid in ho­ her Konzentration mit Hydrochinon, dieses wird im Rahmen einer raffinierten katalyti­ schen Reaktion oxidiert, jenes gespalten. Heraus kommt, im wahrsten Sinne des Wor­ tes, ein brühend heißes Gasgemisch und jagt möglicherweise einen verblüfften Frosch, der den Käfer verspeisen wollte, in die Flucht. Wenn der erste Schuss nicht getroffen haben sollte, kann der Käfer nachlegen, er ist näm­ lich eine Repetierkanone. Er kann sogar um die Ecke schießen. Ein hochkomplexer Pro­ zess, und Freunde des Intelligent Designs be­ haupten deshalb, so etwas könne niemals durch Trial and Error der Evolution entstan­ den sein, da habe der Schöpfergott noch ein­ mal persönlich zu Uhrmacherlupe, Pinzette und Stiftausdrücker gegriffen, um dem Bom­ bardierkäfer das Nordloch nachzujustieren. Entscheiden Sie selbst, ob diese Erklärung wirklich dazu beitragen kann, das Universum besser verstehen zu lernen. Gerade vor Weih­ nachten keine schlechte Übung. N Martin Puntigam Kabarettist, Autor und MC der Science Busters Dusls Schwerpunkt 292 4|5 Puntigams Kolumne | Dusls Schwerpunkt

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Ein besonderer Vogel „Seine kaiserliche und königlich-Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschliessung vom 5. Dezember 1910 allergnädigst zu genehmigen geruht, dass die behördlich autor. Privattechniker und die behördl. aut. Bergbauingenieure bei den in ihrem Wirkungskreise gelegenen Ausfertigungen den kaiserlichen Adler im Siegel führen ...“ die k. u. k. Monarchie, heute die Republik, nach außen auftritt. Ein Zeichen des Vertrauens, das damals wie heute in die Mitglieder unse­ rer Berufsgruppe und in ihre Arbeit für Staat und Gesellschaft gesetzt wurde und wird. Die­ ses Vertrauen gründet sich auf die hervorra­ gende Ausbildung durch Studium und Berufs­ praxis, die die Ziviltechniker genießen dürfen, auf die lebenslange Weiterbildung, auf die Überwachung der Berufsausübung durch die selbst verwalteten Ziviltechnikerkammern und nicht zuletzt auf die Unabhängigkeit als freier Beruf. Die Europäische Kommission trägt nun den Mitgliedsstaaten auf, die Notwendigkeit von Regulierungen zu überprüfen, diese auf­ zuheben oder zu begründen. Ich glaube, wenn das immer wieder betonte Bekenntnis der Po­ litik zur Qualität von Dienstleitungen und zum Schutz des Verbrauchers nicht nur ein Lippen­ bekenntnis ist, dann werden die Regeln für un­ seren Berufszugang leicht zu begründen sein. Und wir werden weiterhin hoch qualifizierte Arbeit für unsere Gesellschaft leisten können und dies auch stolz durch unseren Adler nach außen dokumentieren! N Rudolf Kolbe Vizepräsident der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten Seit über hundert Jahren hat also die Marke Zi­ viltechniker auch ihr Markenzeichen. Nicht ir­ gendein neu kreiertes Logo, sondern das glei­ che Symbol, mit dem auch der Staat, damals Weniger ist nicht selten mehr Marken sind markant, wenn sie leben. Leben findet zu über 90 Prozent in gestalteten Räu­ men statt. Die Gestaltung dieser Räume stif­ tet Identität. Damit trägt die planerische, geis­ tig schöpferische Leistung zur Markenbil­ dung bei und ist mitunter in stark expressiver Ausprägung selbst Marke. Architektur ent­ steht im Inneren, wölbt sich dann nach außen, und nicht umgekehrt. Im Idealfall schafft sie dabei Raum für die besten aller möglichen Le­ benswelten, ganz im Sinne des deutschen Phi­ losophen Gottfried Wilhelm Leibniz. So macht das Wohlgefühl der MitarbeiterInnen in den Räumlichkeiten eines Konzerns diese zu den überzeugendsten Markenbotschaftern. Die­ ses Wohlgefühl entsteht jedoch nur in opti­ maler Raumbildung; in einer identitätsstiften­ den Arbeitswelt. Diese wiederum resultiert aus der nutzungsadäquaten Symbiose von Funktion und Gestaltung. Kontraproduktiv, weil nicht zeitlosen Anforderungen entspre­ chend, sind expressive, vermeintlich image­ puschende Prestigebauten, in denen sich we­ der die beste aller möglichen inneren Welten noch eine Beachtung durch die Außenwelt er­ gibt. Nicht selten geht die Rechnung dann doppelt nicht auf, denn die Baukosten sind bei solchen Gebäuden meist exponentiell im Vergleich zum Image für das Unternehmen ge­ stiegen. Nicht zuletzt deshalb ist es meine fes­ te Überzeugung, dass den Moden und Trends, der zunehmenden Eile durch Shareholder­In­ teressen zum Trotz die Besinnung auf die Funktion und die innere Welt eines Gebäudes Walter Stelzhammer Präsident der Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien /NÖ /Bgl im planerischen Prozess die Oberhand haben sollte. Dies ist ein wesentlicher Beitrag zur Be­ ständigkeit und Zeitlosigkeit gestalteter Räu­ me; übrigens auch im Marketing zwei sehr ge­ schätzte Eigenschaften für den Kern einer Marke. N Green Tech Gerald Fuxjäger Präsident der Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten Ich hatte diesen Oktober die wunderbare Ge­ legenheit, an einer hochrangigen Wirtschafts­ und Wissenschaftsdelegationsreise nach Boston, USA, teilzunehmen, die letztendlich zur Gründung der „Green Tech Bridge USA – Austria“, bzw. Massachusetts (MA) – Steier­ mark führte. Das dichte Programm, das im Zeichen der Nachhaltigkeit und grüner Tech­ nologien stand, bot die Besichtigung von Har­ vard, MIT, noch drei Universitäten, Technolo­ giezentren, Fraunhofer Sustainibility Center, Harvard Innovation Center, einiger Firmen und des Senates von MA. Wie immer ist die Of­ fenheit und Freundlichkeit der Amerikaner einfach heartwarming. Warum ich das hier schreibe ? Die ganze Delegation war über­ rascht über die diskrepante Situation zu Green Tech und Nachhaltigkeit. Einerseits gibt es beeindruckende Forschung, zahlrei­ che Initiativen und Awards mit klingendsten Namen, andererseits sind Dinge wie thermi­ sche Sanierung, Pelletsheizung, Biogas, Wär­ metauscher und sogar Fußbodenheizung in der Bevölkerung praktisch unbekannt, ob­ wohl sich der Heizölpreis in den letzten 15 Jahren verdreifacht hat. Auf unsere erstaun­ ten Fragen bekamen wir mehrmals zu hören: Die Technologie ist bekannt und abgehakt, das machen die Techniker, aber es geht noch um das Businessmodell und das Marketing. In Anbetracht von zweistelligen Wachstums­ raten für Green Tech in MA, Unmengen von Venture Capital, ca. 25 Universitäten rund um Boston u. a. m. ist es also nur eine Frage der Zeit … bis wir wieder voll Hochachtung den Amerikanern was abschauen – oder? N Standpunkte

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Jährlicher Teilnahmebeitrag bei Normenausschüssen Das Austrian Standards Institute (ASI) hebt ab 1.1.2014 von allen ExpertInnen, die in den Komitees des ASI an der Normung teilnehmen, einen jährlichen Beitrag in Höhe von EUR 450,00 zzgl. USt ein. Ausgenommen sind lediglich Vorsitzende von Komitees. Die Bundeskammer hat sich daraufhin aus der Normungsarbeit des ASI zurück gezogen. Beiträge für Leistungen Zur Erinnerung: Normen werden bei, nicht von und schon gar nicht für Austrian Standards Institute entwickelt. Sie werden von jenen und für jene gemacht, die sie anwenden. Personen, die an der Normung teilnehmen, leisten keine Gratisexpertise für Austrian Standards, sondern arbeiten im eigenen Interesse mit und tun dies besonders im Interesse der Unternehmen und Organisationen, die sie nominiert haben, bei­ spielsweise der bAIK. Sie bringen ihre Positionen und Erfahrungen (als Architekten und Ziviltech­ niker) in die Inhalte von Normen ein, was gerade bei Europäischen und Internationalen Stan­ dards besonders wichtig ist. Mindestens ebenso wichtig: Sie haben damit Zugang zu Wissen: aus den Normen selbst und direkt aus der Mitarbeit und dem Dialog mit anderen Interessengrup­ pen. Genau dafür stellt Austrian Standards den Teilnehmenden eine gut ausgestattete, moder­ ne und zuverlässige Infrastruktur zur Verfügung und finanziert das Normungssystem zu mehr als 80 Prozent aus dem Verkauf seiner Produkte und Dienstleistungen – weit mehr als dies ande­ re nationale Normungsorganisationen tun. Es mag überraschen: Austrian Standards ist nicht unbedingt „pro Teilnahmebeitrag“. Wir können uns durchaus auch andere Finanzie­ rungsmodelle vorstellen. In Zeiten von knappen Budgets und somit sinkenden Förderungen führt aber an der Lösung „Beiträge für Leistun­ gen“ kein Weg vorbei. Keinen Beitrag einzufüh­ ren würde bedeuten, die Betreuung der Komi­ tees zu reduzieren, Komitees möglicherweise auch aufzulösen. Damit wäre Österreich unter anderem von der Möglichkeit, an europäischen und internationalen Normprojekten mitzuwir­ ken, ausgeschlossen. Das heißt: Andere Länder definieren, was in Österreich Standard ist. Es gibt viele, die von der Einführung eines Teilnahmebeitrags zwar nicht begeistert sind, aber durchaus Verständnis dafür haben. Dies auch unter dem Aspekt, damit die gerade von Ar­ chitekten immer wieder beklagte „Normenflut“ zu reduzieren. Elisabeth Stampfl­Blaha | Direktorin Austian Standards Institute N Contra Teilnahmebeitrag Es stimmt. Normen werden nicht vom und nicht für das ASI erstellt. Sie sind Werkzeug für die Lösung technischer und wirtschaftlicher Aufgaben und bilden die Basis für geordnete Abläufe in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung. Es stimmt: ExpertInnen arbeiten im eige­ nen Interesse an der Normierung mit. Stimmt das wirklich? Sehen wir ein bisschen genauer hin: Der Erzeuger eines Bauprodukts will auf die Normung Einfluss nehmen, damit er sein Produkt besser verkaufen kann. Architekt­ Innen und ZivilingenieurInnen sind herstelle­ runabhängige PlanerInnen. Wir sind Notare unserer Bauherren und vertreten deren Inter­ essen, nicht unsere eigenen. Das Interesse un­ serer AuftraggeberInnen und das der Allge­ meinheit an sicheren, kostengünstigen, nach­ haltigen und umweltschonenden Lösungen motiviert uns dazu, auf eigene Kosten an der Normung teilzunehmen. Wenn wir (und ande­ re unabhängige Institutionen wie die Univer­ sitäten) für diese Tätigkeit im Dienst der Allge­ meinheit auch noch zahlen sollen, dann wer­ den wir uns aus dieser Arbeit zurückziehen. Die Hersteller dagegen bestreiten den jährli­ chen Teilnahmebeitrag von 450 Euro aus der Portokasse. Es kann nicht Aufgabe des ASI sein, die Rahmenbedingungen der eigenen Arbeit fest­ zulegen. Das ist Aufgabe der Politik und des Gesetzgebers. Will der Gesetzgeber wirklich, dass sich die Hersteller untereinander die in Österreich geltenden Normen ausmachen? Unsere Forderungen richten sich daher nicht primär an das ASI, sondern an die Politik. Auch die Arbeit des ASI benötigt moderne Rah­ menbedingungen. Daher sollte das Normenge­ setz aus 1971 (!) überarbeitet werden. Diese Meinung vertreten wir seit einigen Monaten mit aller Vehemenz, auch in der Öffentlichkeit. Zuletzt hat der Präsident der Bundeskammer, Georg Pendl, die Einführung des Jahresbeitrags gegenüber der „Presse“ kritisiert. Innerhalb un­ serer Interessenvertretung herrscht in dieser Frage große Einigkeit: Der Vorstand der Bun­ deskammer hat eine hochrangig besetzte Ar­ beitsgruppe aller Länderkammern eingesetzt, die alle Aktivitäten in dieser Frage koordiniert. Christian Aulinger | Vorsitzender der Bundessektion Architekten Klaus Thürriedl | Vorsitzender der Bundessektion Ingenieurkonsulenten N 292 6|7 Plus/Minus

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Marke Victor Enrichs digitale Konstruktionen laden ein, sie mit Geschichten aufzu­ füllen. Durch die zum Teil surrealen Verfremdungen alltäglicher Architektur ergeben sich neue Perspektiven auf das Bekannte, das ansonsten unbemerkt bleiben würde. Immer wieder thematisiert er das Verhältnis von Fassade/ Außenwirkung und Inhalt, so finden sich kolossale Fassaden ohne Gebäude in der Landschaft, als seien sie Filmkulisse, oder drei Hochhäuser zeigen durch spektakuläre Verbiegungen, dass ihre verspiegelten Hüllen leer sind. Nicht un­ berechtigt ist dabei die Frage, ob es die konstruierte Maske oder der authenti­ sche Inhalt ist, der dem Betrachter in einer visuell geprägten Kultur am attrak­ tivsten scheint. Enrichs Fotoarbeiten sind Hybride aus urbanen Szenen, die digital mit surrealen Elementen verwoben werden. Gebäude streifen ihre ihnen imma­ nente Starre ab,erhalten Beweglichkeit und damit eine Form von Eigenwillen, physikalische Grundsätze scheinen außer Kraft gesetzt. Sebastian Jobst N Deportation 129 x 120 cm

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Umsetzen, ausdrücken, spiegeln | Eine Marke bauen, wie soll das gehen? Wolfgang Pauser beschäftigt sich als Kulturwissenschaftler, Autor und Berater mit Konsum, Produkten, Marken und Märkten. In den 90er­Jahren schrieb er Kolumnen über Konsumwelten für Die Zeit und unterrichte­ te Architekturtheorie am Institut für Wohnbau und Entwerfen an der TU Wien. Der Begriff Corporate Architecture ist schwer aus­ zusprechen. Dennoch ist er unersetzlich. Das Wort „Markenarchitektur“ ist nämlich schon vergeben. Es meint die Ordnung der Marken innerhalb eines Unternehmens. Konzernmarken, Dachmarken, Unternehmensmarken und Produktmarken verlan­ gen einen logischen Aufbau, die „Markenarchitek­ tur“. Andernfalls droht Chaos, das Gegenteil des­ sen, wozu Marken gut sind: ein klares, dauerhaftes und unterscheidungskräftiges Bild zu erschaffen. Für eine Identität, auf die man sich intern wie ex­ tern verlassen kann. Auch Worte wie Firmen­ oder Unternehmens­ architektur sind keine Kandidaten für eine Verdeut­ schung. Denn sie umfassen alles, was Firmen bau­ en. Meistens sind das Kisten. Die von Kirche und Kaiser geprägte Tradition, Reprä­ sentationsbauten als Luxus zu betrachten, führt dazu, eines der stärksten – und daher rentabelsten – Medien der Markenbildung nicht zu nutzen. Und das Geld lieber wie gewohnt in Printwerbung zu investieren. In ein Wegschau­Medium statt in einen „Hingucker“. In eine Zehntelsekunden­Wahrnehmung statt in ein Jahrzehntemanifest. Dass Corporate Architecture trotz ihrer Vor teile und guten Presse die Ausnahme geblieben ist, be­ ruht auf dem Managementtrend zur Kurzfristigkeit. Manager denken nicht über ihre „Legislatur­ perioden“ hinaus und profilieren sich in diesen primär durch Kostenminimierung. Projekte, deren Ertrag schwer bezifferbar und nur in Jahrzehnten zu veranschlagen ist, haben im finanzwirtschaftlich getriebenen System des Shareholder­Value wenig Chancen. So kommt es, dass reiche Marktführer die häufigsten Nutzer von Architektur für ihr Bran­ ding sind. Und Luxusmarken, für die eine luxuriöse Selbstpräsentation kein Luxus ist, sondern die not­ wendige Darstellung ihres Kernprodukts. Unter allen Firmenarchitekturen bezeichnet Corporate Architecture also nur jenen kleinen Teil, der es sich explizit zur Aufgabe macht, nicht etwa ein Unternehmen, sondern eine Marke baulich sichtbar und erlebbar zu machen. Um ein Beispiel zu geben: Mini, eine Produktmarke der Unterneh­ mens­ und Produktmarke BMW, wird in einer ande­ ren Architektursprache inszeniert als ihre Konzern­ mutter. Corporate Architecture im engeren Sinne ist somit definiert als eine Aufgabenstellung, die von der Marke ausgeht. Die Literatur umschreibt diese Aufgabe so: Archi­ tektur solle die Marke „umsetzen“ oder „überset­ zen“ in die dritte Dimension, in gebaute Form, in ein Raumerlebnis, ein Landmark, eine identitäts­ stiftende Repräsentation. Das Bauwerk solle die Marke widerspiegeln, ausdrücken, inszenieren, symbolisieren, versinnbildlichen. Jeder dieser Begriffe rekurriert auf eine andere Zeichentheorie, auf ein anderes Vorverständnis von Repräsentation. Dennoch werden sie als Synonyme verwendet. Unklar bleibt am Ende, wie denn das funktionieren soll, dass ein Gebäude eine Marke visualisiert und kommuniziert. Und wie Architekten eine solche Übersetzung bewerkstelligen können. Hoch darü­ ber schwebt die Frage, wie Formen, Zeichen und Bedeutung ganz allgemein zusammenhängen. Die traditionsreichste und daher geläufigste Vorstellung geht davon aus, dass es ein geistiges Inneres gibt, das sich im Äußeren intentional zum Ausdruck bringt. Eine Substanz, die in Erscheinung tritt. Eine Bedeutung, die über Medien nach außen transportiert wird. In diesem Modell der Ausdrucks­ ästhetik steht am Anfang der Sinn. In der Mitte das Medium. Und am Ende das Verstehen, welches gleichsam durch das Medium hindurch auf den an­ fänglichen Sinn zurück­ und durchgreift. Dieses Modell steht hinter den meisten Formulierungen für die Aufgabenstellung von Corporate Architec­ ture, die Marke als Wesen zu begreifen, das über das Medium Architektur zum verstehbaren Erschei­ nen gebracht werden solle. Eine jüngere Auffassung stellt dieses Modell vom Kopf auf die Füße, stellt an den Anfang sinnlo­ se zufällige Unterschiede und fragt, durch welche Prozesse der Selektion, Systembildung, Konventio­ nalisierung, Kontextualisierung und nachträgliche Zuschreibung Effekte der Bedeutung entstehen. Obwohl Corporate Architecture als Trend gilt, folgt die real existierende Baukultur der Wirt­ schaft dem Sparmotiv. „Der Personkern ist jedenfalls nicht das, was die Menschenfresser ausspucken müssen“, formulierte einmal der Philosoph Odo Marquart die Kritik am subjektzentrierten Denken. Demnach ist jener Ort hinter der Erscheinung, an dem wir den Kern vermuten, eine Leerstelle, in die wir unsere nachträglichen Interpretationen hineinprojizieren. Was wir wahrnehmen, sind Muster und Ordnungen von Ähnlichkeiten. Diese vergleichen wir mit anderen und mit erinnerten Eindrücken, bis wir sie einordnen können in unser aus Bedeutungen gebautes Bild der Welt. 292 8|9 Umsetzen, ausdrücken, spiegeln

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Medusa 120 x 124 cm Will man in diesem Modell Corporate Architec­ ture verstehen, hilft es, sich an die ursprüngliche Bedeutung des Worts „Persönlichkeit“ zu erinnern, die von der altgriechischen Theatermaske abgeleitet ist. Diese mediale Erfindung verdeckt Mensch und Mimik, ist selbst ausdruckslos, inszeniert ein „Dahinter“, das durch sie hindurch spricht, und hat den Effekt, dass am Ende die aus ihr erklingenden Worte dem dargestellten Protagonisten zugeschrie­ ben werden. Geht man davon aus, dass die Zeichen der Bedeu­ tung vorausgehen, dass Formen leer sind, bevor sie vergleichend und deutend in Beziehung zu anderen Umsetzen, ausdrücken, spiegeln

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Formen gesetzt werden, und dass erst durch eine nachträgliche Zuschreibung eine Sache Sinn macht, wird man für Corporate Architecture schlussfolgern, dass die eine Marke kommunizierende Fassade am besten nach dem Vorbild der „Persona“ im Sinne einer an sich ausdruckslosen Maske zu begreifen ist. Die architektonische Aufgabe besteht demnach dar­ in, Formen zu finden, die strategisch gewünschte Projektionen provozieren, Assoziationen nahelegen und Ähnlichkeitsbeziehungen unterhalten. Formen, die den Prozess der Identifizierung ermöglichen, die auffallend genug sind, um sich im Gedächtnis zu ver­ ankern, und doch zugleich genügend offen bleiben für jene Deutungsvielfalt, die aufgrund der langfristi­ gen Festlegung und der kulturellen Fragmentierung von Zielgruppen zu erwarten ist. Eine hilfreiche Spur zum Verständnis des Phä­ nomens Marke legt für den Architekten der Begriff „Corporate“, wenn man diesen von seinen juristi­ schen Wurzeln her in Betracht zieht. Eine Körper­ schaft ist eine juristische Person. Dieses vom Recht fingierte Gebilde ermöglicht es praktischerweise, eine Mehrzahl von Personen wie eine einzige zu be­ handeln. Weil sie eine Willensbildung besitzt, kon­ tinuierliche Identität, Eigentum an Sachen (also ei­ nen „Körper“), somit genügend Ähnlichkeiten zu ei­ ner menschlichen Person, dass sie sich die Folgen ihrer Aktivitäten zuschreiben lassen muss. Den Konsens findet man im kleinsten gemeinsa­ men Nenner aller Ideen. Die Quintessenz des Management­Geschwurbels wird dann oft bloß in Marketingdeutsch reformuliert und mit Bilddatenbankmotiven illustriert. Fertig ist die Marke! Wehe dem Architekten, der nun das An­ sinnen, eine solche ununterscheidbare Marke ins „Raumerlebnis“ zu „übersetzen“, allzu wörtlich nimmt und sich als Illustrator der Gemeinplätze dem „Kundenwunsch“ andient. Nichts macht einen Kunden (wenn auch nur im Moment!) glücklicher als die „Eins­zu­eins“­Übertra­ gung einer Klischeeaussage in ein Klischeebild. Sich dieser finanziell hinterlegten Lockung zu wider­ setzen, lohnt sich jedoch. Nicht nur für Agentur und Gestalter, auch für den Auftraggeber selbst, der mit seinen Einmischungen nicht selten sein eigener größter Feind ist. Was hat ein Flugzeughangar mit einer koffein­ haltigen Limonade zu tun? Wie kommuniziert ein grasbewachsenes Gesicht in der Landschaft Kristall? Womit vermittelt eine konstruktivistisch gezackte dunkle Höhle Freude am Fahren? Warum werden die vier metallisch schimmernden Zylinder des BMW­ Turms in München als Sinnbild des Motors gesehen, obwohl der österreichische Architekt Karl Schwanzer dies gar nicht im Sinn hatte? Corporate Architecture dient paradoxerweise einer Marke umso besser, je freier sie interpretiert, je weiter sie Metaphern herholt, je künstlerischer sie herangeht. Tatsächlich ist jede Korporation ein von den darin handelnden Menschen unabhängiges Konstrukt und eine systematisierte Fiktion. Indem sie sich ei­ nen gebauten Kör­ per gibt, dessen Fassade wie ein Gesicht zu uns spricht, wird sie noch „persönlicher“. Da juristische Personen als Akteure auftreten, wer­ den sie auch metaphorisch wie Personen wahrge­ nommen. Eine „Markenpersönlichkeit“ zu konstru­ ieren, festzuschreiben und in allen Medien und „Touchpoints“ bemerkbar zu machen ist die logi­ sche Reaktion darauf, dass einer Korporation Iden­ tität, Charakter und Persönlichkeit zugeschrieben werden, ob gewollt oder ungewollt. Denn man kann, wie Watzlawick formulierte, „nicht nicht kommuni­ zieren“. Und jede Architektur ist „sprechende Archi­ tektur“, selbst dort noch, wo sie nichtssagend ist. Sind wir doch darauf angelegt, unsere Deutung und Wertung der Erscheinung als deren Wesen in diese zu projizieren. Corporate Architecture will die Ent­ wicklung dieser Projektionen bahnen und den Zielen des Unternehmens gemäß beeinflussen. Die Idee, eine Marke „umsetzen“ oder „aus­ drücken“ zu wollen, führt leicht in die Irre und zu schlechten Ergebnissen. Das beginnt schon beim Brandingprozess, in dem Agenturen der Versuchung erliegen, es den Managern ihrer Auftraggeber allzu recht machen zu wollen. Und diesen Fragen nach ihrer Identität zu stellen, die mit den immer gleichen Klischeebegriffen beantwortet werden: „Wir sind mo­ dern, dynamisch, umweltbewusst, kundenorientiert, innovativ, offen …“ Architektur muss bei sich bleiben, im eigenen Medium und in der eigenen Kunst. Darf nicht platt werden oder illustrativ. Sondern muss die Marke in ihrer ganzen Komplexität erfassen, um diese dann auf eigenständige Weise metaphorisch zu einem Sinnbild zu verdichten. Das ist Traumarbeit, im Sinne Freuds. Und zugleich Arbeit am gemeinsa­ men Traum, der als Marke das Unternehmen mit sei­ nen Kunden verbindet. N 292 10 | 11 Umsetzen, ausdrücken, spiegeln

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Gebaute Unternehmenskultur | Drei Perspektiven auf Corporate Architecture Marken sind stets Vereinfachungen, sie sollten möglichst kurz und verständlich erklären, worauf ein Unternehmen spezialisiert ist und wofür es steht. Sie ordnen die Komplexität unterschiedlichster Leis­ tungen und Produkte unter einer homogenen Hülle, sie stellen Struktur dar, in der die Kerncharakteristi­ ka eines Unternehmens Platz finden sollen, die Mar­ kenarchitektur also. Diese definiert weiters, welche physische Architektur Unternehmen wählen. Wiedererkennung ist dabei klarerweise neben Funktionalität und ökonomischen Überlegungen eine wichtige Zielsetzung, architektonische Qualität hat in diesem Kontext oftmals nur wenig Spielraum. Daraus resultieren oberflächliche Übersetzungen der Corporate Identity in gebaute Form. Doch immer mehr Unternehmen erkennen, dass Wiedererken­ nung nicht nur aus der Reproduktion starrer CI­Vor­ gaben entstehen kann. Denn ein Gebäude kann gan­ ze Firmenphilosophien erzählen, an ihm ist abzule­ sen, welche Organisationskultur im Unternehmen gelebt wird, wie mit Geschäftspartnern zusammen­ gearbeitet oder mit Informationen umgegangen wird. Corporate Architecture wird also aus ebendie­ ser Unternehmenskultur heraus beauftragt, beein­ flusst diese rückwirkend aber auch. Dem Architekten kommt dabei die schwierige Rolle zu, die Marke in räumliche Gefüge und Materialien zu übersetzen, ohne sie in der architektonischen Interpretation formal zu kopieren, aber auch nicht zu verfälschen. Sebastian Jobst Redaktion KONstruktiv, im Dialog mit: DMAA Wurde 1993 von Elke Delugan­Meissl und Roman Delugan gegrün­ det. Beide lehrten an der Akademie der bildenden Künste Wien sowie in anderen europäischen Städten. Mit dem Bau des Porsche Museums in Stuttgart erlangten DMAA internationales Ansehen. Kürzlich realisierte Großprojekte sind das EYE Film Institute in Amsterdam und das Festspielhaus (der Tiroler Festspiele) Erl. Andreas Leuchtenmüller Studium an der WU Wien, Strategie und Organisati­ onsberater, Geschäftsfüh­ rer der M.O.O.CON Deutschland GmbH. M.O.O.CON berät Unternehmen bei der Planung und Entwicklung von Immobilien und begleitet damit Prozesse der physischen Marken­ entwicklung an der Schnittstelle zur Organi­ sationskultur. Rainer Köberl Studium der Architektur in Innsbruck und Haifa/ Israel, Assistent bei Othmar Barth und später Lehrauftrag an der TU Innsbruck. Zahlreiche preisgekrönte Realisie­ rungen im Bereich Corporate Architecture, insbesondere für die Lebensmittelkette MPreis. HaMigdalor 100 x 126 cm Gebaute Unternehmenskultur

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Tango 1–4 120 x 134 cm International agierende Architekturbüros sind längst selbst zu Marken geworden. Wie lässt sich die Balance zwischen der Markenidentität des Bauherrn und der des Architekturbüros wahren? DMAA Markenbildung setzt Qualität sowie die intensive Auseinandersetzung mit sozialen, kulturellen und wirtschaftli­ chen Gegebenheiten voraus. In der Wirt­ schaft wie in der Architektur bestimmen neben der Analyse jeweiliger Bedürf nisse diese grundlegenden Parameter über Erfolg und Identität einer Marke. Architektur bedient sich dabei niemals allein ihres eigenen „Erfahrungsschat­ zes“, als würde sie einem in sich ge­ schlossenen Kreislauf unterliegen. Im Gegenteil, ihre Stellung ist im Kontext permanent neu zu entdecken, Impulse aufzunehmen und den Bezug zu Bildern des täglichen Lebens herzu­ stellen. Für die erfolgreiche Übersetzung einer Marke in Architektur ist essenziell, dass sich das beauftragende Unterneh­ men in der kreativen Sprache des Archi­ tekturbüros wiederfindet. Andreas Leuchtenmüller Bei unseren Projekten geht es nicht darum, eine Balance zu finden, damit per se Ausge­ wogenheit zwischen beiden Markenpolen herrscht. Das Ziel ist immer, die Identität des Bauherrn mit dem Objekt und seinem Betrieb nachhaltig umzusetzen. Dazu gehört, dass sich ein Bauherr sehr tief mit seiner eigenen Identität aus­ einandersetzen muss, sie dem Architekten vermittelt und in einer intellektuellen und praktischen Partnerschaft in eine identi­ tätsstiftende Lösung überführt, die seinen Anforderungen gerecht wird. Ein ausgewogener Punkt in der Balance kann an unterschiedlichen Punk­ ten erreicht sein: Wenn eine Positionierung über die Marke des Architekturbüros das Ziel ist, kann das entwerfende Büro domi­ nieren – etwa wie beim Vitra Campus. Genauso aber ist es richtig, wenn das Archi­ tekturbüro nur für Experten erkennbar ist und die Unternehmensidentität im Vorder­ grund steht – wie zum Beispiel beim Swa­ rovski Bürogebäude bei Zürich. Rainer Köberl Es gibt viele Bauherren, die sich Archi­ tekturmarken kaufen, es gibt vielleicht nicht so viele, die nach einer maßge­ schneiderten Antwort für ihre Anliegen an einem konkreten Ort suchen. Beides ist natürlich ein möglicher Weg. Vor al­ lem schließt das eine das andere nicht aus, wenn wir von wirklich guten „Archi­ tekturbüros“ sprechen. 292 12 | 13 Gebaute Unternehmenskultur

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Markenzeichen oder eine einfach wiedererkennbare gestalterische Handschrift können Architekturbüros auch einengen, da zu klare Erwartungshaltungen an sie herangetragen werden. Wie lässt sich diese Gefahr am besten vermeiden? DMAA Marken­ bzw. firmenspezifische Charak­ teristika werden in unserer Arbeit als in­ tegraler Bestandteil des übergeordneten Entwurfskonzepts verstanden, als archi­ tektonische Qualität. Sie generieren je­ nen räumlichen und sinnlichen Mehr­ wert, der eine derartige Bauaufgabe defi­ niert: die Marke in ihrer Einzigartigkeit und Identität auf selbstverständliche Weise physiologisch erfahrbar zu ma­ chen. Ziel dieses Prozesses ist nicht, eine Handschrift zu verfolgen, sondern Inhalte zu verorten und schlüssig zu implementieren. Auch unsere architek­ tonische Herangehensweise leitet sich von inhaltlichen und kontextuellen Gegebenheiten ab, wobei die Raum­ empfindung im Mittelpunkt steht. Andreas Leuchtenmüller Wir haben diese Erfahrung nicht gemacht. Was aber daran liegt, dass Bauherrenanfor­ derungen für uns nicht darauf beschränkt sein dürfen, eine architektonische Wieder­ erkennbarkeit zu postulieren. Es sieht eher so aus, dass wir struk­ turiert, detailliert und verständlich die Bauherrenanforderungen in den Dimen­ sionen Kultur | Soziales | Organisation | Wirtschaftlichkeit erklären und dann den Prozess fördern, diese Anforderungen mit dem „Geist“ des jeweiligen Architektur­ büros in individuellen Entwürfen umzu­ setzen. Großartige Projekte entstehen, wenn der Bauherr Anforderungen klar formuliert und gemeinsam mit dem Architekten Lö­ sungen entwickelt, die kreativ und einzig­ artig sind – aber trotzdem immer auf PAR mit dem, was der Bauherr möchte. Es ist aber wichtig, auch über die Mar­ ken von Architekturbüros nachzudenken. Fordert der Bauherr „Radikalität“ – ein aktuelles Projekt – werden Sie mit einem strikt konservativen Büro die Bauherren­ anforderungen nicht erfüllen. Rainer Köberl Es gibt unterschiedliche Handschriften. Manche sind leichter wiederzuerkennen, manche eben schwieriger, da sie sich aus jeweils unterschiedlichen Anforderun­ gen entwickeln. Die Architekten „mit Stil“ könnten sich in diesem „gefangen“ finden, jene „ohne Stil“ haben es schwe­ rer , dass ihre jeweils aus der Situation entwickelten Antworten von diversen Bauherren für neue Aufgaben „extra­ poliert“ werden können. Gebaute Unternehmenskultur

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Novartis oder aktuell die Erste Group in Wien errichten ganze Campi im urbanen Kontext. Verschiebt sich die Grenze zwischen privater Unternehmensarchitektur und öffentlichem Raum im Moment? DMAA Private Unternehmen errichten weltweit große Areale, die inmitten des städti­ schen Gefüges von diesen bespielt wer­ den. Bei der Planung derartiger Gebiete gilt es, diese mit dem urbanen Umfeld zu vernetzen, um Monostrukturen in Form von Bürostädten zu vermeiden. Es liegt in der Verantwortung von Architekten und Stadtplanern, im Zuge dieses Prozesses Szenarien zu entwickeln, welche die Ein­ bindung der Öffentlichkeit an diesen Strukturen fördern und gewährleisten. Andreas Leuchtenmüller Ja, aber ich würde sagen, wir nehmen dieses Phänomen wieder verstärkt wahr. Architektur, die von privaten Unterneh­ men initiiert und ermöglicht wird, präg­ te immer schon den öffentlichen Raum. Wichtig ist dabei, dass diese Unterneh­ men ihre Verantwortung gegenüber Mensch und Gesellschaft auch in ihrer Rolle als Bauherr wahrnehmen. Die „Tu­ genden des ordentlichen Kaufmanns“ führen sicher zu wertvoller, nachhaltiger Architektur im öffentlichen Raum. Rainer Köberl Es scheint so, dass die öffentliche Hand an Kraft verliert, auch den öffentlichen Raum zu definieren, wenngleich beim „Brot“ der Stadt, beim Wohnbau, diese Möglichkeit ja nicht verloren wurde, je­ doch wir als Gesellschaft offensichtlich momentan kaum in der Lage sind, diese Stadträume so zu gestalten bzw. zu orga­ nisieren, dass sie als Stadt empfunden werden. Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft von Corporate Architecture aus? DMAA Unternehmen stehen heute einer stei­ genden sozialen Verantwortung gegen­ über. Es wäre wünschenswert, dass diese Tatsache jenem kurzfristigen Denken entgegenwirkt, das Corporate Architec­ ture als reine Dekorationsmaßnahme versteht und substanzielle Inhalte außer Acht lässt. Parallel dazu hat sich der Aktionsradius des Marketings stark er­ weitert, Werbekampagnen und Pro­ duktlancierungen reichen weit in den öffentlichen Raum hinein. Diese Ent­ wicklung erhöht unseres Erachtens das Bewusstsein der Unternehmen, ihr Er­ scheinungsbild als allumfassende Stra­ tegie zu betrachten, die über oberflächli­ che Verschönerungsmaßnahmen hin­ ausgehen. Dadurch rückt auch Corporate Architecture weiter in den Fokus der unternehmerischen Strahlkraft. Andreas Leuchtenmüller Identität und Marke sind wesentliche Komponenten der Unternehmensstrategie. In der Dienstleitungs­ und Wissensökono­ mie wird der Transport von Identitäts­ bzw. Markenbotschaften über Gebäude immer wichtiger. Eine weitere Entwicklung hin zur Corporate Architecture ist somit zwangs­ läufig erwartbar. Für Corporate Architecture gilt das­ selbe wie für Corporate Brands: Sie steht in Wechselwirkung mit Mitarbeitern, Kunden, Öffentlichkeit, der Gesellschaft allgemein. Sie wird kommuniziert, wahr­ genommen und sie wird „erlebt“. Und ge­ nau wie Unternehmensmarken differen­ zierter werden – weil sie sich immer hetero­ generen Anspruchsgruppen gegenüberse­ hen, wird Corporate Architecture immer komplexer. Denn sie ist auch Teil eines urbanen, ökologischen und energetischen Kontexts und soziales und manchmal politisches Statement. In diesem Zusammenhang nach­ haltige, identitätsstiftende und ganzheit­ liche Konzepte zu entwickeln ist die große Herausforderung. Rainer Köberl Unter Umständen gibt es eine Gegenbe­ wegung zur Globalisierung, unter Um­ ständen müssen Ressourcen bewusster eingesetzt werden, vielleicht werden so Lösungen immer wichtiger, die nicht mit fertigen Antworten gelöst werden kön­ nen. Trotzdem wird es „Wiedererkenn­ barkeit“ immer geben – die Frage ist ja eigentlich nur, wie weit sie an der Ober­ fläche oder erst in der Tiefe passiert. 292 14 | 15 Gebaute Unternehmenskultur

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traktat über die sprache der architektur | fragment Jan Tabor Geboren in Podebrady, Architekt, Architekturthe­ oretiker, Kulturpublizist und Ausstellungsmacher. Studium an der Techni­ schen Universität Brünn sowie der Hochschule für Bodenkultur und der TU Wien. Als Journalist für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften tätig. 1992 bis 2009 Lehrbeauf­ tragter an der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie seit 2000 Gastprofessor an der Akademie der bildenden Künste Bratislava. die sache mit architektur und/als sprache ist denk­ bar einfach. bei sprechen über architektur soll man achtgeben, was man sagt. das vor allem dann, wenn man über die eigene architektur spricht. geradezu höllisch aufpassen muss man, wenn man bauwerke durch architektur zum sprechen bringen will. ab hier wird es kompliziert. gute architekten (in der folge auch die guten architekturkritiker) fürchten sprechende architek­ tur (architecture parlante) wie der teufel das weih­ wasser. sie wissen, dass sprechende architektur nichts anderes als camouflage sein kann. eine vortäuschung. deswegen aber gleich die hölle und den teufel zu bemühen, mag als barock übertrieben erscheinen. ein anlass aber ist gegeben: das neueste wiener bauen und seine mediale wahrnehmung. zum beispiel die seestadt in wien­apern. die u­bahn fährt hin, obwohl dort noch niemand wohnt. so ist es freilich viel besser als umgekehrt – wenn dort bereits alle menschen wohnen würden, aber ohne u­bahn. die seestadt liegt an einem see, der kein see ist, sondern ein schotterteich, ausge­ hoben nur, damit der hübsche developername, also eine produktmarke, ein citydesign­label sozusagen, doch nicht ganz erfunden und verlogen ist. der unmittelbare, barocke anlass: kürzlich, anfang november 2013, fiel werbefröhlich aus der laulachsroten tageszeitung „der standard“ ein kunterbuntes druckprodukt kostenlos heraus. es heißt „city“ und ist mit dem zusatztitel „magazin für urbane gestaltung“ versehen. im impressum wird spezifiziert: „die zeitschrift city ist ein unab­ hängiges medium für architektur, stadtentwick­ lung, design und urbanität.“ das acht seiten dicke magazin, das mit „2013nov“ datiert und mit dem preis von 3,10 euro beziffert ist, eignet sich gut zum nachdenken über das ewige, nach den postmodernen sprachverwir­ rungen vernachlässigte, nun wieder aktuell ge­ wordene thema „sprechende architektur“ (archi­ tecture parlante, claude­nicolas ledoux, 1804). nachdenken, auch über das gegenstück dazu, die schweigende, nichtssagende stille, vielleicht auch taube sowie nonverbale architektur – falls es so etwas noch überhaupt gibt. in den 1970er­jahren gab es kein bauwerk, das nichts zu sagen hätte. man strebte damals eine verständigung mit der architektur und über die architektur und mit den architekten und architek­ tinnen an. gern sprach man auch gelehrt darüber. manche experten haben es als semiotik bezeichnet. es war eine schöne zeit. alles sprach zu uns, alles war lesbar und letztlich verständlich. mehr oder weniger eindeutig. auch die architektur. architektur ist sprache. stadt ist text. es gab bauwerke, die miteinander korrespondieren oder kommunizieren konnten – tatsächlich, wie wir menschen. das waren die guten bauwerke. die anderen, die schlechten, haben sich geweigert, kontakt aufzunehmen, mit uns menschen und auch untereinander. es ist lange her, vielleicht vierzig jahre, da hat dietmar steiner, damals noch nicht der einfluss­ reiche chef des architektur zentrum wien, diesen unvergesslichen satz zum werk eines bekannten wiener architekten geschrieben: „es ist architektur, die spricht, nur wenn sie gefragt wird.“ um welches konkrete werk es sich handelte, habe ich vergessen. den satz aber nicht. wahrscheinlich war es einer von den sogenann­ ten neuen baukünstlern. sie forderten damals eine kleinarchitektur, die den menschen mehr zu sagen hat als die großarchitektur der verrufenen großar­ chitekten. sie forderten mehr baukunst, weniger architektur – die wahre kunst verweigert zwar allzu laute und direkte aussagen, sie muss aber zu uns sprechen, wenn wir es wollen. es waren tolle zeiten. bauzeiten, die weltweit, stark und nachhaltig geprägt wurden von einem kunterbunt bebilderten und mit schlagzeilenartig kurzen und prägnant verfassten texten versehenen buch: „die sprache der postmodernen architektur“ von charles jencks. nach einer verhältnismäßig kurzen ersten wir­ kungszeit glaubte man, diese semiotische architek­ turverwirrung sei wieder vorbei. die häufigste form der sprechenden architektur besteht in der richtigen, nichtssagenden benen­ nung. towntown. monte laa. vienna gate. citygate. neomoderne hieß das aufatmen. nichts war vorbei, nichts ist vorbei, alles dauert weiter. auch die postmoderne. siehe die kunterbunten bau­ ten im magazin „city“. es erinnert an das berühmte jencks­buch. die werbekreativen vermögen alles zu verwerten. die titelseite von „city“ ist mit kunterbunten bildern wiener architektur bestückt. erstaunlich, was die digitalisierung zu leisten vermag. die hinzu gedichteten bildlegenden sind ebenfalls kunterbunt. sie sitzen treffend, fast wie echte boulevardschlag­ zeilen. die erste schlagzeile: „form und funktion > fehlen dem campus wu fuktionale zuordnungen? > die neue öamtc­zentrale als ikone der automobilität“. die zweite schlagzeile: „poetische verspieltheit. zwei hochhäuser sind die eyecatcher bei citygate“. die dritte schalgzeile: „das enden der vereinsamung. lust auf zusammenarbeit im büro der zukunft“. traktat über die sprache der architektur

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292 16 | 17 Chronik

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12 Ugly Ducks 203 x 154 cm Chronik

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die neue ikone des ö­automobilismus wird auf der seite 4 kurz besprochen. unter dem altex­ pressionistischen titel „die gläserne kanzel“ ist zu lesen, dass „pichler & traupmann architekten ihren entwurf für die neue öamtc­zentrale in wien­ erdberg ‚als zeichen für mobilität‘ verstanden wis­ sen wollen …“. und tatsächlich symbolisiert die zur stadtautobahn weisende runde form des gebäudes mit der leicht nach außen gewölbten fassade und dem auskragenden vordach autoreifen und radkap­ pe – eine ikone der automobilität. vom eingangs­ bereich, einer „überdimensionierten, gläsernen kanzel“, wie es die architekten selbst formulieren, ausgehend liegen, sternenförmig wie eine alufelge angeordnet, veranstaltungssaal, konferenzräume und tv­studio. nur eine echte kapelle, geweiht dem hl. chrystophorus, dem patron der automobilisten, scheint zu fehlen. weiht man noch die neuen autos ein? wäre schade um diesen volkstümlichen brauch. gerade jetzt, wenn so viele neue hochmoderne auto­ kathedralen entstehen. auf dem rendering sieht die neue öamtc­ zentrale, obwohl offensichtlich ein staatlicher bau, leicht, ephemer, transluzid, schwebend aus. die kräftige kennfarbe der einst als „gelbe engel“ apostrophierten pannenhelfer weicht hier einer gülden schimmernden aura. eine wirklich restlos passende analogie haben die architekten unerwähnt gelassen: den heiligenschein. das aber wäre wirklich zu viel gesagt, haben sie wohl selbst erkannt. hier muss man betrübt feststellen: eine öster­ reichische institution nach der anderen ist bestrebt, ihre altbewährte und altgewohnte, sehr qualitäts­ volle corporate identity zugunsten eines neuen indi­ viduellen images aufzugeben. rekonstruktionen in wien sind schlimmer als demolierungen. wir sollten uns keine illusionen machen auch die berühmten orf­landesstudios im military­look von gustav peichl haben ausgedient. einst so beein­ druckende symbole der orf­machtbestrebungen, wirken sie mittlerweile wie technologisch und ideologisch überholte kampfgeräte aus dem kalten krieg. diese orf­oldtimer sind noch immer hervor­ ragende beispiele der beeindruckend eloquenten architektur der 1960er­ und 1970er­jahre. wiewohl die orf­landesstudios etwas simple ap­ plikationen des militärischen eindrucksrepertoires sind und auch als solche von peichl unvorsichtig selbst so apostrophiert – vergessen wir nicht, der vietnamkrieg war damals, als peichl diese bauten entwarf, voll im gang –, waren und sind diese bau­ ten nicht wirklich äquivalent sprechende formen zu der funktion und gesellschaftlichen bestimmung und kulturellen sendung der massenmedien rund­ funk­ und fernsehen, die damals darin bestanden, alltagsfreude, zukunftszuversicht, gute manieren, guten geschmack, nachrichten und wissenswertes ins volk zu tragen. da müssten die orf­studios viel mehr wie mikrofone, transistorradios oder fernseh­ kameras aussehen. nicht wie amerikanische kano­ nenboote von mekong. das problem der sprechenden architektur ist, dass sie, sobald es nicht um die nachahmung einer einfachen sache oder eines einfachen vorganges geht, nicht eindeutig sagen kann, worum es eigent­ lich geht. die sprechenden bauten reden nie tacheles. der automobilismus ist eine weltweite profane religionsbewegung. sie basiert auf fetischismus. sie ist die einzige kraft, die die kunst der sprechen­ den architektur im großen stil zu kreieren bereit und fähig ist. das ist den neuen managern des auto­ mobilismus zu verdanken. es sind spezifische ma­ nager. sie wissen, wie wichtig die karosserie und ihr design, ihre semiotik und, alles zusammen, ihre aura für den absatz von automobilen sind. sie sind imstande, ihre karosserie­erfahrungen auf alles zu übertragen, was mit dem von ihnen produzierten produkt zu tun hat, auch auf die architektur. diese spezifische befähigung fehlt den neuen bankmanagern gänzlich. die alten autoverkaufssalons und ­service­ stationen, die mit ihrer immer gleich angeberischen und altmodischen schaufensterarchitektur die stadt und das land europaweit verseucht haben, tragen kaum etwas zur erneuerung des positiven images des automobilismus bei. die neuen manager der automobilität, die sich die weihstätten aus glas und stahl errichten lassen, sind die wahren und einzigen nachfolger des etienne­louis boullée am ende des 20. jahrhunderts und beginn des 21. jahrhunderts. wohl hauptsäch­ lich, um das lang ersehnte und befürchtete ende des automobils abzuwenden. sie scheuen daher keine die neuen manager haben keinen geschmack. ledoux würde darin einen mauvais goÛt erken­ nen, einen essenziellen geschmacksbruch. die aua als österreichisches staatssymbol hat sich weitgehend aufgelöst. das wunderschöne aua­rot ist aus unse­ rem sichtfeld verschwunden. das vortreffliche aua­ bürogebäude in wien­oberlaa mit dem als flugzeug­ flügel ausgebildeten sitzungssaal hoch über dem flachdach, das wohl einzige wirklich gelungene beispiel einer sprechenden architektur in wien der semiotischen zeit (die 1970er­jahre), wurde kürzlich trotz diskussion über den architektonischen wert des besten gebäudes von georg lippert und eines der wenigen guten nach 1945 der erde gleichgemacht. der orf, der einstige inbegriff einer genialen, auf architektur basierenden corporate identity, war fest entschlossen, die als flaggschiff apostro­ phierte orf­zentrale am küniglberg zugunsten eines neubaus aufzugeben. orf zieht aus, aber es wird umgebaut. wie die pläne so vorliegen, ohne rücksicht auf die einprägsame ästhetik der fertigteilarchitekur von rainer. da hat lippert noch glück. 292 18 | 19 traktat über die sprache der architektur

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Tongues 120 x 120 cm kosten und lassen die modernsten architekten riesi­ ge tempelartige gebäude so errichten, als gelte es, die essenz des automobils zu erfassen und zu erhö­ hen – als wäre es das sprichwörtliche höhere wesen, dem die französischen revolutionsarchitekten ihre kühnsten visionen widmeten. mercedes und porsche in stuttgart, bmw in leip­ zig und münchen. jetzt auch das nette öamtc­tempi­ etto in wien dazu. diese automobilen architekturen sind nicht zuletzt deshalb so ansprechend, weil die guten automanager und ihre hervorragenden desig­ ner befähigt sind, den bestellten architekten genau zu sagen, um nicht zu sagen: vorzuschreiben, was sie wollen, und hören nicht früher auf, bis sie er­ reicht haben, was sie wollten: die architektonische reminiszenz aufs glück des autokaufs, des autobe­ sitzes, des autoversicherns, der autoreparatur, des autotauschs, der automarkentreue. den mut zu luxusauto und verschwendung nicht zu vergessen. das dürfte mit der barocken thea­ ter­ und inszenie­ rungstradition im lande zu tun haben. es war der öster reichische ar­ chitekt karl schwanzer, der mit dem bau der bmw­ zentrale in münchen das erste mustergültige exem­ plar der reihe der automarkenarchitektur für die autoindustrie fulminant begonnen hat. allerdings ist schwanzers sprechende architek­ tur – das vierzylindermotiv – eine altmodisch ver­ ständliche und eindeutige, die dem amerikani­ schen speedline­artdeco angehängt. damit ist es der analogen architektonischen wiedergabe in der auffassung der architecture parlante von ledoux nah. die semiotik des bmw­nachfolgebaus von coop himmelb(l)au nebenan steht mit ihrem sakral und pathetisch überhöhten konsumismus hingegen dem boullées nahe. der autofetischismus ist ver­ wittert und braucht auffrischung. die filialen kön­ nen es nicht mehr leisten. diese neuen automarken­ bauten sind unikate, die sich von der masse der banalen, schnell erkennbaren automarke­filialen bewusst und eindeutig absetzen sollen. unter dem titel „form follows function, oder …?“ wird auf der seite 5 in „city“ beklagt, wie mangelhaft die lesbarkeit der neuen wirtschaftsuniversität sei. kein backshop­aha­erlebnis weit und breit. „wo ‚mensa‘ draufsteht, ist zwar mensa drin, aber er­ kennt man das auch ohne schild?“ zwischenzeile: „hallo, nachbar – wo bist du …?“ fortsetzung: „zwischen den einzelnen gebäuden wird am cam­ pus keine kommunikation aufgebaut, jedes objekt wirkt wie eine isolierte, einsame skulptur, ein boll­ werk, beziehungslos zum nachbarn.“ zwischenzeile vorm letzten absatz: „tempel der wissenschaft?“ als antwort ebenfalls eine rhetorische frage: „und wie manifestiert sich größe der wissenschaft hier und heute? … wäre es nicht zeitgemäßer, nicht de­ mütig hinauf, sondern auf augenhöhe hineinzuse­ hen und zu gehen?“ das sind fragen, die von dem „city“­architekturkritiker gerhard franz roth an das bibliotheksgebäude von zaha hadid gestellt werden. das bauwerk schweigt beharrlich. über die tücken der einprägsamen architektur weiß hadid bescheid. sie weiß, dass das sprechende nicht allzu naturalistisch aufgetragen werden darf. eine lehrreiche naturalistische übertreibung pas­ sierte adolf loos. 1924 reichte er beim wettbewerb für das bürohaus der zeitung chicago tribune einen wolkenkratzer in der form einer dorischen säule ein. dass er nicht gewann, dass sein column, diese viel versprechende anspielung an die zeitungsko­ lumne, weder von der jury noch von der amerikani­ schen presse wahrgenommen worden war, machte loos fassungslos. lange zeit galt die loossche säule als ein ironi­ scher beitrag des an karl kraus’ sarkasmus geübten kulturkritikers. man kann sagen, die österreichischen architekten zeichnet die neigung zur sprechen­ den architektur aus. architekten pflegen aus prinzip keine ironische architektur zu entwerfen. sie meinen alles ernst, auch wenn das nicht so aussieht. von adolf loos ist ein zitat überliefert, das eine gute beschreibung eines geeigneten falles für sprechen­ de architektur ist, für die semiotik der bankenarchi­ tektur. nach loos sollen banken nach außen deut­ lich ausdrücken, dass das geld, das die menschen den bankern anvertraut haben, sich in guten hän­ den befindet und an einem sicheren ort aufbewahrt wird. als hermann czech die bank filiale auf der mariahilfer straße von loos für die nicht mehr exis­ tente zentralsparkasse der stadt wien rekonstruier­ te, ließ er dort das in einer marmortafel eingravierte zitat von loos über die richtige sprache der bankar­ chitektur einbringen. der treppenwitz dieser kleinen wiener architek­ turgeschichte ist, dass diese durch besonders gedie­ gene gestaltung zum manifest der richtigen, ver­ trauen spendenden bankarchitektur erhobene, denkmalgeschützte bankfiliale vollgestopft ist mit ramsch eines eingemieteten one­penny­geschäfts. man kann über die neuen bankmanager denken, wie man will. sentimental sind sie nicht. N traktat über die sprache der architektur

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Ein Logo ist keine Marke | Branding stellt Ingenieure und Architekten vor äußerst gegensätzliche Herausforderungen Peter Deisenberger ist Gründer und Partner der Wiener Branding­ Agentur Brainds. Diese entwickelte u. a. die Stadtteil­Marken für die Seestadt Aspern und München Freiham. Gemeinsam mit M.O.O.CON veranstaltet Brainds die Veranstal­ tungsreihe BrandSpace, 2014 wird im Rahmen einer Tagung „Marke trifft Design Thinking“ thematisiert (www.brandspace.at). Das Phänomen Marke gewinnt seit Jahrzehnten kontinuierlich an Bedeutung. Nicht nur für Un­ ternehmen, die sich am Markt positionieren müs­ sen, sondern auch im Alltag des Konsumenten. Ausnahmslos jedes Konsumenten, denn auch wer Marken hasst und meidet, bezieht dazu Stellung und „positioniert“ sich damit im sozialen Umfeld. In der Berufswelt von Ingenieuren spielt Marke jedoch eine ganz andere Rolle als im Konkurrenz­ feld von Architekten. Um diesen Unterschied zu verstehen, ist es hilfreich, zuerst das Gemeinsame zu klären, nämlich die Frage, was eine Marke ist. Viele Menschen meinen, eine Marke sei ein Logo. Also ein Name, verbunden mit einer visuellen Logogestaltung und einem Corporate Design. Zeichen ohne Bedeutung sind jedoch ziemlich leer. Fragt man weiter, wie denn das Markenzeichen mit Bedeutung aufgeladen wird, erhält man oft die Ant­ wort: durch Kommunikation. Diese Sicht ist grund­ falsch. Nicht nur, weil die Kommunikation nur ein Medium unter vielen ist, in dem sich die Marke zu erkennen gibt. Sondern vor allem deshalb, weil Kommunikation sich ständig wandeln muss, während die Marke gleichbleiben sollte. Sie ist weder das Logo, das Brief­ papier noch die Kommunikation, sondern etwas, das dahinter liegt: Identität im Sinne eines widerspruchsfreien Systems von Be­ deutungen. Widerspruchsfrei sollten dabei nicht nur die Signale der Marke in ihren unterschiedlichen Medi­ en und Erscheinungsformen sein, sondern ebenso das Verhältnis der Markenstrategie zur Unterneh­ mensstrategie. Auch hier genießt die Marke Vorrang – denn während die Strategie des Unternehmens sich immer wieder den Veränderungen des Marktes anpassen muss, darf sich an der Marke nichts än­ dern. Es sei denn, wohlüberlegt und gewollt. Unter allen Möglichkeiten, die Unternehmens­ strategie zu verändern, sollten nur jene in Betracht gezogen werden, die mit der Marke kompatibel sind. An diesen beiden Beispielen zeigt sich, dass Marke keineswegs eine äußerliche Erscheinungs­ form, sondern im Gegenteil ein Kernbestand jedes Unternehmens ist oder zumindest sein sollte. Da alle Entscheidungen eines Unternehmens darauf hin zu überprüfen sind, ob sie auch zur Marke passen, bekommt diese eine umfassende Steuerungsfunktion. Wo diese Steuerung nicht funktioniert, entstehen unweigerlich widersprüch­ liche Signale. Warum jeder Mangel an Konsistenz den Markenwert so empfindlich beeinträchtigt, zeigt sich am Vergleich zwischen der Persönlichkeit eines Menschen und einer Markenpersönlichkeit: Eine Person, die im sozialen Leben ihre Identität wechselt oder gar mit mehreren Identitäten auf tritt und inkonsistent kommuniziert, würde sofort als schizophren diagnostiziert, mit unliebsamen Folgen. Die Stimmigkeit aller Signale ist das entscheiden­ de Erfolgskriterium jeder Marke. Das betrifft nicht nur zeitgleiche Erscheinungsfor­ men, wie etwa Werbung und tatsächliches Service­ verhalten, sondern auch auf der Zeitachse, wo es darum geht, eine sinnvolle Geschichte zu erzählen. Im besten Fall wird eine Marke so geführt, dass sie wie ein Fortsetzungsroman funktioniert, also die immer gleiche Geschichte immer wieder in neuen Abwandlungen erzählt. In diesem Sinne lautet die kürzeste Definition von Marke, sie sei ein Logo mit Mythos. In ihrem eigenen Mythos ist die Marke frei­ lich zugleich der Held. Dessen Identität zeigt sich als rationale, emotionale und kulturelle Verortung. Eine Marke zu führen bedeutet daher die rationale Steuerung von etwas Irrationalem. Der Mythos muss so gestrickt sein, dass er die wesentliche Funktion jeder Marke erfüllt, sich von den anderen ähnlichen Angeboten am Markt mög­ lichst deutlich und sinnhaft zu unterscheiden. Und damit in der Außenwahrnehmung eine Iden­ tität, Besonderheit oder gar Einzigartigkeit zu er­ schaffen, die ein Eigenleben gewinnt und auch ei­ nen eigenen Wert. So wird verständlich, wie es mög­ lich ist, dass Unternehmen Marken kaufen und ver­ kaufen, ohne dass dabei Unternehmen mitverkauft würden. Diese Ablösbarkeit ist auch für kleine Un­ ternehmen wichtig, sobald der Gründer sich zurück­ zieht oder verkaufen will. Die Marke ist somit das, was die Kommunikati­ on auch inhaltlich prägen und steuern muss – und nicht umgekehrt. Die wachsende Bedeutung guter Markenführung für den Unternehmenserfolg ergibt sich aus der zunehmenden Komplexität und Konkurrenz. Die Fülle ähnlicher oder gar gleichartiger Ange­ bote auf dem Markt summiert sich für den Käufer zu einem weißen Rauschen. Um aufzufallen, ist einerseits mehr Aufwand erfor­ derlich, andererseits die Reduktion der Komplexität zu einem einzigen, rasch verstehbaren, klaren und emotionalen Unterschied. Ingenieurbüros stehen bei ihrer Markenent­ wicklung vor einer ähnlichen Herausforderung wie Supermarktprodukte. Selten gelingt es ihnen, mit einem funktionalen Mehrwert unter der Konkur­ renz hervorzustechen. Die Anforderung an nach­ vollziehbare Rationalität und einwandfreies Funk­ tionieren führt zu ähnlichen Ergebnissen. 292 20 | 21 Ein Logo ist keine Marke

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Orchid 120 x 120 cm Ein Geometer arbeitet perfekt schon dann, wenn er fehlerfrei arbeitet. Ein Statiker kann seine Berechnung nicht richtiger als richtig durchführen. Will er in der Außenwahrnehmung seine Konkur­ renten überstrahlen, kann er das fast nur auf der Ebene seiner Marke tun. Sich bemerkbar und merk­ bar zu machen durch deutliche Unterscheidbarkeit ist der erste Schritt. Dazu kann sogar schon eine beliebige Auffälligkeit verhelfen, wenn sie konse­ quent durchgehalten wird. Freilich wachsen die Erfolgschancen, je weniger beliebig und je mehr sinnhaft eine Marke konzipiert ist. Ein Logo ist keine Marke

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Auch wenn die Leistungen von Ingenieuren auf der Funktionsebene ähnlich ununterscheidbar sind wie die Wischtücher von Swiffer und Vileda, ist das Umfeld ihres Auftritts im Vergleich zum Su­ permarktregal ungleich ruhiger. Der sachlich­tech­ nische Charakter ihres Angebots verführt viele Firmen, die emotionale, erzählerische und sinn­ stiftende Dimension ihrer Marken außer Acht zu lassen oder nur klischeehaft, ähnlich wie alle ande­ ren, zu integrieren. So entsteht eine flächendeckend graue Ununterscheidbarkeit der Positionierungen. Ein Hintergrund, wie geschaffen für einen Auftritt, der auffällt, anzieht, bindet und besticht. Erst allmählich wird Anbietern im Business­to­ Businessbereich bewusst, dass ihre Konkurrenzsi­ tuation der im Supermarkt immer ähnlicher wird. Und dass sie vom Consumer­Markt lernen können, was Markentechnik leisten kann, um sich darin zu behaupten. Kein Unternehmen ist zu klein, um sich selbst die entscheidenden Fragen stellen zu können: Der typische Künstler­Architekt braucht keine Marke erfinden, er glaubt, immer schon eine zu sein. Genau das wird ihm dann mitunter zum marken­ technischen Problem. Der typische „Kreative“ liebt es nämlich, immer wieder kreativ zu werden. Seinen Innovationsgeist auf immer neue Gebiete und Anwendungsfelder auszudehnen. Und der Welt zeigen zu wollen, wie vielfältig seine Begabung einsetzbar ist. Doch auch wenn es manchem gelingt, seinen individuellen Stil vom Türklinkendesign bis zum städtebaulichen Masterplan durchzudeklinieren, ist Diversifikation für den Aufbau einer Marke das schlechteste Re­ zept. Im Gegenteil: Kontinuität und Spezialisierung führen zum Erfolg. Man wird umso bekannter, wenn man nur für eine einzige Sache bekannt ist. Markenführung bedeutet daher, sich einer einmal beschlossenen Konzeption für immer zu unterwer­ fen. Und auf die Betätigung jener Kreativität in Zu­ kunft zu verzichten, die anfänglich ein so guter Vorschuss für den Start der eigenen Markenent­ wicklung gewesen war. Architekten, die nicht nur persönlich bekannt, sondern auch als Büro zu einer Marke werden wollen, müssen Selbstbeschränkung in Kauf nehmen. Tolle neue Einfälle, sofern sie nicht zur bereits eingeführten Marke passen, landen dann am besten im Papierkorb. Doch nicht nur bei der disziplinierten Marken­ führung steht die künstlerisch­kreative Autorschaft dem Architekten oft im Wege. Sondern auch dort, wo das Phänomen Marke ihm in seinem beruflichen Umfeld begegnet. Sei es als Identität des Auftragge­ bers, als Marke eines Stadtteils oder einer Region, in die sich ein Bauwerk unterstützend eingliedern soll, oder auch im speziellsten Fall einer Corporate Architecture, wenn ein Industriekunde ausdrück­ lich nach einer gestalterischen Umsetzung seiner Marke in eine inszenierende und sprechende Bau­ form verlangt. In all diesen Fällen nämlich muss der Architekt seine eigene Identität, seine stilistische Hand­ schrift und alles Persönliche seines Gestaltungs­ willens hintanstellen. Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin wollen wir? Was ist der Sinn unseres Tuns? Was können wir besonders gut? Und worin liegt unsere wahre Leidenschaft? Die Antworten darauf klärt man am besten in Work­ shops, in die neben Markenexperten sowohl Mitar­ beiter, Stakeholder wie auch Vertreter der Zielgrup­ pen eingebunden sind. Wer das Investitionskapital dafür nicht zur Verfügung hat, kann sich auf eigene Faust Markenwissen aneignen und im stillen Käm­ merlein seine persönliche Antwort finden. Wer die­ se Fragen übergeht, läuft Gefahr, eines Tages vom Markt übergangen zu werden. Verglichen mit Ingenieuren haben Architekten gleichsam das umgekehrte Problem: Während die Anbieter technisch­rationaler Leistungen die irrati­ onalen individuellen Charakteristika ihrer Marken­ persönlichkeit allererst künstlich, in einem Mar­ kenprozess, generieren müssen, bringen künstle­ risch orientierte Architekten oft schon eine mar­ kante Persönlichkeit mit, bevor sie beginnen, eine Firma mit Markenpersönlichkeit werden zu wollen. Dieser Vorsprung am Start der Markenbildung wurzelt in der kulturellen Tradition, Architekten als Künstler zu sozialisieren und dem Künstler die Rolle des Paradeindividualisten, Abweichenden, Normüberschreitenden und Fantasieproduzenten zuzuweisen. Dieses Berufsbild zieht entsprechende Charaktere an und bestärkt sie darin, das Individu­ elle an sich selbst zu entdecken und zu kultivieren. Zum Klischee der Künstlerpersönlichkeit zählt es, immer schon besonders, einzigartig, eine charisma­ tische Persönlichkeit und mit einem wiedererkenn­ baren Stil ausgestattet zu sein. Und damit all das – gleichsam von Natur aus – mitzubringen, was eine Marke auszeichnet. Muss vom Autor zum Übersetzer werden. Vom Genie zum Dienstleister. Und muss von Selbst­ verwirklichung zugunsten einer „Fremdverwirk­ lichung“ absehen. Ein tiefes Verständnis für Marken, die eigene wie die des Auftraggebers, wurde in einer zuneh­ mend von Branding, Medien und strategischer Kommunikation getriebenen Gesellschaft zu einer erfolgsrelevanten Kompetenz. Die Kreativität bleibt dabei keineswegs auf der Strecke – sie ist mehr denn je gefordert, wo es gilt, ein präzise ausformuliertes kulturelles Konstrukt wie eine Marke im Raum erlebbar werden zu lassen. N 292 22 | 23 Ein Logo ist keine Marke

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Branding im Bauträgerbereich | Ein klarer Gewinn für Mensch und Umwelt Hans-Jörg Ulreich ist Geschäftsführer der Ulreich Bauträger GmbH und Bauträgersprecher des Fachverbandes der Immobilien­ und Vermö­ genstreuhänder (WKO). Es ist österreichische Realität: Wird nicht gerade ein neues Hotel, Büro­ oder Gastronomieprojekt vermarktet, beschränken sich Disziplinen wie Marketing, PR und Kommunikation in der Bau­ trägerbranche heute immer noch auf klassische Inserate in Tageszeitungen oder Internetportalen. Haben Bauträger den Trend der Zeit nun verschla­ fen oder herrscht ausgerechnet in der Baubranche kein Bedarf an einer aussagekräftigen „Brand“? Die Meinungen unter den Kollegen dazu sind viel­ schichtig. Ich möchte das aktuelle KONstruktiv­ Thema zum Anlass nehmen, diesen Umstand genauer zu betrachten. Als in Wien ansässiger Unternehmer ist ein Grund für das geringe Engagement der Branche, sich im Kommunikationsbereich schlauzumachen, mit Sicherheit der Markt. Wien wächst und damit auch die Nachfrage nach innerstädtischem Wohn­ und Lebensraum. Dabei sind die Grundstrukturen der Entscheidungskriterien potenzieller Kunden immer die Gleichen: Für den Kaufzuschlag sind in erster Linie Lage, Lage, Lage, dann Grundrissplan, Wohnungsgröße und Preis­Leistungs­Verhältnis ausschlaggebend. Stimmen Lage, Grundriss und Preis, dann genügen Ausstattungsstandards ohne große Abweichungen von der Norm, um das Objekt sicher und gewinnbringend zu verkaufen. Die Krite­ rien sind also von vornherein vom Kunden festge­ legt, Mehraufwand bei der Projektplanung nicht notwendig. Dazu kommt in Wien die politische Situation: aufgrund der budgetären Lage wird wenig gefördert und Zusatzmaßnahmen bei Neubau und Sanierung ökologische Nachhaltigkeit betreffend sind mit unnötig höheren Kosten verbunden. Die Baukosten sind auch wegen der überbordenden Regulierungen zu hoch, dazu kommen ein veralteter Flächenwid­ mungsplan, der immer noch nicht von „Schrump­ fen“ auf „Wachsen“ umgestellt hat, und ein restrik­ tives Mietrecht, das keine Anreize für Sanierungen bietet. Zusätzliche Extras an Qualität durch archi­ tektonische oder ökologische Aufwertung kosten und werden weder von der Politik gefördert noch vom Kunden verlangt. Ein weiterer Kos­ tenfaktor ist natür­ lich die rasche Um­ setzbarkeit eines geplanten Bauprojekts, also die Frage, ob die Behörden das Objekt genehmigen oder nicht. Deswegen hat die Realisierbarkeit bei allen beauf­ tragten Architekten und Ingenieurkonsulenten Priorität. Und auch hier liegt eine Hürde, insbesondere für architektonisch interessante Planungen. Herrschte in den 20er und 30er Jahren großes Interesse an bahnbrechenden neuen Entwürfen und wurden diese entweder bejubelt oder konstruk­ tiv diskutiert und von der breiten Öffentlichkeit ge­ tragen, so gibt es in Österreich mittlerweile den Trend, Kunst und Kreativität von der viel zu unauf­ geklärten Bevölkerung bewerten zu lassen. Es ist Fakt, dass mittlerweile Anrainer und Grät­ zelbewohner über Baukultur entscheiden, statt der kreativen und oft preisgekrönten Planer. Diese Vorgangsweise schlägt sich natürlich auch in der Praxis der entscheidenden Behörden nieder: Wird ausgefallen geplant und eingereicht, stößt ein Objekt schnell auf Ablehnung oder aber wird in sei­ ner Grundidee derart abgeändert, dass es besser ist, es von Anfang an bleiben zu lassen. Obwohl Österreich seit Jahrhunderten weltbe­ kannte Architekten und Baukünstler hervorge­ bracht hat, sind heute beispielsweise Namen wie COOP Himmelb(l)au dem Großteil der Österreicher unbekannt. Auch über die Topqualität österreichi­ scher Ingenieurkonsulenten wird nie ein Wort ver­ loren. Architekturtrends werden maximal in Werbe­ sendungen zu Bausparverträgen vorgestellt und auch hier ausschließlich im Eigenheimbereich, massenmedialen Raum für modernen Wohnraum gibt es in Österreich nicht. Sogar Energiekennzah­ len sind für die meisten Kunden gerade im Wohn­ raumbereich ein Fremdwort, und so wichtig Zertifi­ zierungen auch sind, selbst Fachleute kämpfen im Zertifikatsdschungel um klare Sicht auf die tatsächliche Bedeutung derselben. Fakt ist: Die Strukturen sind lange noch nicht aufgebrochen, was bleibt, sind neben wirklich dich­ ten Fachzeitschriften nur Raum in Reportagen à la „Schöner Wohnen“. Mindeststandards erfüllen die Kundenwünsche – und umgekehrt. Wozu braucht es dann noch ein Zusatzbudget für hochwertige Architektur, Nachhaltigkeit und Kommunikations­ experten, die bei eingegrenztem Spielraum versu­ chen Unternehmensidentitäten zu schaffen? Die Strukturen fördern also das Althergebrachte, damit bleibt auch der Spielraum für Markenbil­ dung durch Unternehmensdiversität klein. Die Antwort liegt für mich auf der Hand: um langfristig gewinnbringend spannenden, ökolo­ gisch wertvollen Lebensraum mitzugestalten. Um auf und für die Zukunft zu bauen, und selbstver­ ständlich auch, um wettbewerbsfähig zu werden und zu bleiben. Der Markt erfordert Wohnraumbe­ schaffung auch in heute noch nicht entwickelten oder nachgefragten Gebieten, wie zum Beispiel den Wiener Vorstädten. Als Bauträger kann man hier entweder darauf warten, bis sich die Nachfrage auf diese Gebiete ausdehnt und Mindeststandards auch dort genügen, oder aber beginnen, in diesen Branding im Bauträgerbereich

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Nachfragern ebenso wie politischen Entscheidungs­ trägern, was wiederum Spielraum für Kreativität zulässt. Es wird nicht nur das Vertrauen der Käufer gewonnen, sondern auch das Vertrauen der Kolle­ genschaft und der Behörden. Dadurch bewegt sich nicht nur der Gestaltungsprozess, sondern auch das Qualitätsbewusstsein des gesamten Marktes. Doch es genügt im Sinne einer nachhaltigen und ansprechenden Lebensraumgestaltung bei Weitem nicht, wenn einzelne Unternehmen wie das unsere den schwierigen Weg allein begehen. Es braucht mehr! Dafür müssen jedoch alle Disziplinen, ob Archi­ tekten, Ingenieurkonsulenten, Ziviltechniker oder Bauträger, sich vermehrt zusammenschlie­ ßen und gemeinsam Standards festlegen und einfordern. Es braucht Zusammenarbeit abseits von Projekten, gemeinsam festgesetzte Kommunikationsstrategien, um richtungsweisend bahnbrechende Veränderun­ gen einleiten zu können. Wir müssen uns gegensei­ tig stärken und unterstützen, beispielsweise muss es uns neben der politischen Arbeit ein gemeinsa­ mes Anliegen sein, die Öffentlichkeit wieder ver­ mehrt für Architektur zu begeistern. Groß angelegte öffentliche Siedlungen sollten nicht nur durch Funktionalität und Nachhaltigkeit punkten, sondern beispielgebend mit besonderer Architektur vorangehen. Das schafft in der breiten Bevölkerung auch Akzeptanz dafür, dass im Grätzel ums Eck neue Architektur entsteht. Wir können ge­ meinsam mit den Bezirksvertretungen Architektur­ wettbewerbe ausloben und vermarkten, Innenhof­ begrünungen anregen, Diskussionen veranstalten und vieles mehr. Es braucht nicht immer Unsummen, um ökolo­ gisch Nachhaltiges zu schaffen, oft genügen schon unübliche Kooperationen, mit welchen man einen grünen Akzent setzen kann. Unser Unternehmen hat jüngst eine Feuermauer durchgehend begrünt und mit eigens entworfenen Insektenhotels und Nistkästen ausgestattet. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, Identitäten zu schaffen. Bleiben wir jedoch bei der eingefahrenen Methode, Standardobjekte über Anzeigen mit den Stichworten Lage – Größe – Preis zu verkaufen, und investieren wir statt in die Marke in ein sich im Druck unterscheidbares Logo, bleiben wir zwar mittelfristig im monetären Gewinnbereich, langfristig verlieren wir jedoch vor allem eines: Lebensqualität. N Million 100 x 139 cm Lagen die Projekte mit Zusatzpaketen bewusst aufzuwerten, und sich so von Mitanbietern unter­ scheiden. Als Unternehmer, der im letzten Jahrzehnt bewusst den zweiten Weg gegangen ist, kann ich sagen, die Mühe lohnt sich auf allen Ebenen. Der Mehrwert ist nicht nur am Verkaufserfolg messbar. Abgesehen von der Kundenzufriedenheit und dem Umweltnutzen, die durch hochwertige nachhaltige Techniken und Materialien im Innen­ wie Außenbereich erzielt werden, stehen auch Mitarbeiter­ und Projektpartnerzufriedenheit an oberster Stelle. Durch konsequentes „Lösungen finden“ und durch den regen Austausch mit Planern und Behörden entsteht langsam ein Umdenken bei 292 24 | 25 Branding im Bauträgerbereich

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Die Marke „Backstage“ | Über den Bekanntheitsgrad der Bauingenieure Bauingenieure, das sind diejenigen, denen die Möglichmachung der ambitionier­ testen und verrücktesten Bauten der Welt zu verdanken ist. Bauingenieure, das sind aber auch jene, die oft hinter dem Vorhang der Architektur verborgen bleiben. Langsam ändert sich das – und die Konstrukteure treten ins Scheinwerferlicht. Woran das liegt? Versuch einer Analyse. Wojciech Czaja geboren 1978 in Ruda Slaska, Polen, ist frei­ schaffender Architektur­ journalist und arbeitet vor allem für Der Stan­ dard. Seit 2011 ist er Gastprofessor an der Universität für ange­ wandte Kunst Wien. Kürzlich erschien im Verlag Anton Pustet „Zum Beispiel Wohnen“. „Ikonografische Bauwerke prägen das Bild der aktuel­ len Architektur in der Öffentlichkeit. Ihre Entwerfer werden nicht selten als Stars gefeiert. Ohne die Leis­ tung kreativer Ingenieure aber hätten die meisten dieser Landmarks niemals ihre endgültige Form ge­ funden oder wären niemals zur Ausführung gelangt.“ Dies sind die ersten Worte im Editorial des kürzlich erschienenen Bandes Bollinger + Grohmann. DETAIL engineering 3, ins Buch getippt vom DETAIL­ Chefredakteur Christian Schittich. Parallel zur 144­seitigen Publikation, in der exemplarisch drei herausragende Bauwerke aus Deutschland, der Schweiz und den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgestellt werden, war im Deutschen Architektur­ museum (DAM) in Frankfurt am Main von Juni bis September des heurigen Jahres die Ausstellung „Bollinger + Grohmann. Hinter den Kulissen“ zu sehen. Eine solche Lanze für Bauingenieure, für die rechnenden und tüftelnden Gestalten im Hintergrund der prominenten Architektenzunft, ist keine Selbstver­ ständlichkeit. In den meisten Fällen – mal abgesehen von der selbst in Laienkreisen bekannten Hyper­Brand ARUP – verschwinden die Konstrukteure und Techni­ ker nämlich im nicht immer im Sinne der gesamten Wahrheit agierenden, medialen Äther. „Ich denke, die Ausstellung im DAM hat auch damit zu tun, dass das Museum in sehr engagierter Weise seinem Bildungs­ auftrag nachgeht und zur Abwechslung auch einmal diejenigen vor den Vorhang holt, die üblicherweise dahinter stehen“, sagt Klaus Bollinger, Geschäftsfüh­ rer von Bollinger + Grohmann. Gemeinsam mit sei­ nem Partner Manfred Grohmann betreibt der Frank­ furter sechs Bürostandorte, darunter auch einen in Wien. Insgesamt umfasst das Unternehmen, von Paris bis Melbourne, 150 Mitarbeiter. „Dass wir uns in den letzten Jahren etablieren konnten und unser Bekanntheitsgrad dadurch gestie­ gen ist, ist das Resultat eines sehr langen und sehr in­ tensiven Prozesses“, so Bollinger. „Wie die meisten Büros in dieser Branche haben 1983 auch wir klein an­ gefangen. Doch im Laufe der Zeit sind immer mehr interessante Projekte auf uns zugekommen, und mitt­ lerweile sind die schwierigen, komplizierten, auf den ersten Blick unmöglich scheinenden Konstruktionen eine Spezialität von uns.“ Zu den bisherigen Kunden zählen Zaha Hadid, Rem Koolhaas, Frank Gehry, Ren­ zo Piano, Dominique Perrault, Bjarke Ingels, SANAA und Coop Himmelb(l)au. Die hierzulande wohl be­ kanntesten Projekte von Bollinger + Grohmann sind das Kunsthaus Graz, die Hungerburgbahn in Inns­ bruck und der kürzlich fertiggestellte DC Tower in Wien. International richtet sich das Scheinwerferlicht auf die BMW Welt in München, das Mariinsky­Theater in St. Petersburg, die Zeche Zollverein School in Essen und das International Conference Center in Dalian. Allein, kein Projekt der letzten Jahre wurde von den Medien einer so starken, ja fast euphorischen konstruktiven Begutachtung unterzogen wie das hügelig wogende Rolex Learning Center der École Polytechnique Fédérale in Lausanne (EPFL). „Das Learning Center von Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa ist ein absolutes Once­in­a­Life­ time­Projekt“, fügt Manfred Grohmann hinzu. „So was kommt nicht wieder!“ Von der Betonkernaktivierung mit dem Was­ ser aus dem Genfer See über die riesigen Spannglieder im Boden, die die flachen Kuppelbögen aus Stahlbeton zusammenhalten, bis hin zur perfekten Schalldäm­ mung, die nicht nur den absorbierenden Oberflächen, sondern vor allem der speziellen Gebäudegeometrie geschuldet ist, sei dieses Projekt weltweit einzigartig. Am Ende erfüllt das Learning Center alle Kriterien für den Schweizer Minergie­Award und gilt laut Fachleu­ ten als umweltfreundlichstes und energieeffizientes­ tes Unigebäude Europas. „Der internationale Werbe­ effekt für Bollinger + Grohmann ist unmöglich zu beziffern. Es war ein Projekt mit Leidenschaft, von Anfang bis Ende.“ Von solchen weltweit bekannten Leuchtturm­ projekten können die meisten Bauingenieure nur träumen. „Außerhalb der Fachkreise ist die öffentliche Wahrnehmung von Ingenieurbüros nach wie vor gering“, meint Helmut Werner, Geschäftsführer des Wiener Ziviltechnikerunternehmens Werner Consult. „Fragen Sie einen gebildeten, aufgeschlossenen Menschen auf der Straße! Jeder wird Ihnen sofort fünf Architekten nennen können. Bei der Frage nach Ingenieurbüros allerdings wird man Sie groß anschau­ en.“ Es gebe zwar viele Kollegen, die sich bemühen, das zu verändern und die mediale Präsenz von Ingeni­ euren zu intensivieren, letztendlich aber, so Werner, der auch schon größere Projekte wie den Ares Tower, den Uniqa Tower, das Sofitel Hotel Stephansdom, die Wien­Umfahrung S1 und aktuell den Wiener Haupt­ bahnhof geplant hat, hänge der Erfolg auch von der Qualität, Einzigartigkeit und Bekanntheit des jeweili­ gen Projekts ab. Mit dem Löwenanteil des Bauvolu­ mens der Bauingenieure – mit Tunnelbau, Autobah­ nen, Eisenbahnbau, U­Bahn­Bau und Wasserbau – sei es schwierig, öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen. In die Öffentlichkeit schaffen es die Bauingenieu­ re einzig und allein bei Skandalen, Kostenexplosionen Die Marke „Backstage“

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und Katastrophenfällen. „Wenn etwas schief geht, wird unser Name sofort in der Zeitung zitiert“, erklärt Werner. Auch an der steigenden Anzahl von Versiche­ rungsfällen, die über Ingenieurbüros abgewickelt werden, lasse sich eine zunehmende, wenn auch nicht besonders positive Publicity erkennen. „Die Haftungs­ fragen werden immer diffiziler. Und meine Erfahrung ist: Je mehr Schnittstellen es gibt und je mehr Men­ schen und Unternehmen an der Planung und Realisie­ rung eines Bauprojekts beteiligt sind, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Zuständigkeit ob des fehlenden Überblicks gleich einmal im Ingenieur­ büro landet. Diese öffentliche Präsenz soll uns mal jemand nachmachen!“ Einen großen Anteil an der steigenden Bekannt­ heit von Ingenieurbüros, meint Harald Schmidt, einer der Geschäftsführer des Wiener Consulting­Unterneh­ mens Fritsch, Chiari & Partner (FCP), trage auch die schrittweise Auflösung der österreichischen Honorar­ ordnung für Architekten und Ingenieurkonsulenten (HOA). „Früher war es ganz klar: Der Architekt kostet X Euro und der Konsulent Y Euro“, so Schmidt, der rund 300 Mitarbeiter beschäftigt, davon 250 allein in Wien, und jährlich an die 400 Geschäftsfälle abwi­ ckelt. „Doch heute ist das Honorargefüge unter Archi­ tekten und Bauingenieuren längst aufgelöst und nicht mehr als ein grober Orientierungswert, den es tun­ lichst zu unterbieten gilt, sofern man im Wettbewerb bestehen will.“ Immerhin: womöglich selbst auch entwerferisch tätig sind, wer­ den von Otto und Monika Normalverbraucher stärker wahrgenommen als diejenigen, die sich lediglich als Dienstleister der Architekten verstehen. „Wir verstehen uns nicht nur als Konstrukteure, sondern auch als Architekten“, erklärt Andreas Keil, einer der Partner des Stuttgarter Ingenieurbüros schlaich bergermann und partner (sbp), das mittlerwei­ le Filialen in Berlin, New York, São Paulo und Schang­ hai betreibt und seit seiner Gründung vor 25 Jahren mehr als 2200 Projekte geplant und abgewickelt hat. „Wir denken eben nicht nur nüchtern, pragmatisch, konstruktiv, sondern haben auch hohe gestalterische Ansprüche. Damit sind wir, gemeinsam mit Bollinger + Grohmann, wahrscheinlich die einzigen so denkenden Bauingenieure in ganz Deutschland. Dazu gehört freilich auch, dass wir gewisse Projekte, die unseren ästhetischen Ansprüchen nicht gerecht werden, ablehnen müssen.“ Zur höheren Sensibilität von sbp zähle auch, so Keil, dass man nicht ausschließlich mit Architekten zusam­ menarbeite, sondern bisweilen sogar selbst den Zei­ chenstift in die Hand nehme. „Vor allem klassische Ingenieurbauten wie Brücken oder Hallen entwerfen wir oft selbst. Trotzdem kann das Resultat mit ambi­ tionierten Projekten namhafter Architekten durchaus mithalten. Dafür stehen wir mit unserem Namen.“ Die Symbiose aus Entwurf und Konstruktion scheint sich zu bewähren. „Unser großes Glück“, sagt Christoph M. Achammer, Vorstandsvorsitzender der ATP Planungs­ und Beteiligungs AG, „ist, dass wir so­ wohl Architekten als auch Ingenieurkonsulenten sind. Es gibt nicht viele Techniker, die in der Lage sind, die­ sen integralen Ansatz auszuspielen. Schon gar nicht in Österreich. So viel ich weiß, sind wir in Zentraleuropa sogar der einzige Generalist, der vom Vorentwurf bis zur Werkstattzeichnung alles inhouse anbieten kann.“ Insgesamt beschäftigt die ATP­Holding rund 500 Mitarbeiter in ganz Europa, davon sind zwei Drittel in der Architektur und ein Drittel im Bauingenieurwesen beheimatet. „Für uns ist ganz klar: Es kann keine Bereichser­ gebnisse, sondern nur Projektergebnisse geben. Da­ mit sind wir vielen Projekten, bei denen der Architekt zum Statiker sagt, that’s my design, make it work, um einen großen Schritt voraus.“ Mit dem steigenden Wettbewerbskampf neh­ me auch der Markenwert nationaler und inter­ nationaler Ingenieurbüros zu. Eine weitere Mög­ lichkeit, dem Wert des eigenen Unter­ nehmens auf die Sprünge zu helfen, ist die Diversität und Breite des Angebots, wie sich am Beispiel von Vasko + Partner zeigt. „Im angloamerikanischen Raum haben die Ingenieurbüros ein größeres Betätigungsfeld als bei uns in Mitteleuropa“, erklärt Geschäftsführer Wolf­ gang Vasko im Gespräch mit KONstruktiv. „Wir sind nicht nur Statiker und Konstrukteure, sondern haben vor vielen Jahren den Begriff des Generalkonsulenten ins Leben gerufen und decken auf diese Weise die gesamte technische Planung eines Bauwerks ab. Dadurch, dass wir die ganze Palette an­ bieten, haben wir in Österreich eine gewisse Allein­ stellungsposition, und damit sind wir in der Fachwelt auch bekannter als viele andere Büros.“ In der breiten Öffentlichkeit jedoch, da kann Vasko nur den Kopf schütteln, sei man genauso unterrepräsentiert wie alle anderen Ingenieurkonsulenten auch. „Es sei denn, Sie brummen uns einen Skandal auf! Dann tauchen wir plötzlich in jedem Bezirksblatt auf.“ In einem Punkt jedoch sind sich die meisten Kon­ strukteure einig: Die Zauberformel für mediale Prä­ senz ist – fernab von Skandalberichterstattung und holistischem Arbeitsansatz – vor allem die Produktion von attraktiven, konsumentenfreundlichen Bildern. Will heißen: Diejenigen Büros, die sich um die techni­ sche beziehungsweise konstruktive Möglichmachung herausragender Architekturentwürfe bemühen oder Ein Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg, so Achammer, sei die Kombination aus kreativer und technischer Arbeit. Daran führe bei komplexen Bauvorhaben kein Weg vorbei. „Ein gutes Projekt ist eines, bei dem schon ab der ersten Besprechung Architekten, Statiker, Haus­ techniker und Facility­Manager an einem Tisch bei­ sammensitzen und von der ersten Sekunde an zusam­ menarbeiten.“ Man möge sich nur ein Beispiel an Norman Foster, Renzo Piano oder Frei Otto nehmen. Ohne die 100­prozentige Integration von Form und Technik wären hätten diese Tausendsassa­Protagonis­ ten niemals diesen Bekanntheitsgrad erreicht. 292 26 | 27 Die Marke „Backstage“

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Bis Mitte des 19. Jahrhunderts, erzählt Achammer, sei Architektur und Bauingenieurwesen eine Einheit seien. Erst mit dem aufkommenden Industriezeitalter – Stichwort Gustave Eiffel – hätten sich die Hochbauer von den Ingenieuren getrennt. „Leider hat sich die Baubranche von dieser Teilung bis heute nicht erholt. Und diejenigen, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts darum bemüht haben, diese Zweiteilung im Bauhaus wieder rückgängig zu machen, wurden entweder um­ gebracht oder in die USA vertrieben.“ Das sei auch der Grund dafür, warum Architektur­ und Ingenieursym­ biosen wie etwa Skidmore, Owings & Merrill (SOM) am anderen Ende des Atlantiks weitaus bekannter sind als hierzulande. Der Anspruch an gleichermaßen Ästhetik und Konstruktion erklärt auch den hohen Bekannt­ heitsgrad und die hohe Beliebtheit des inter­ national agierenden Unternehmens ARUP. „Ove Arup war ein charismatischer Kerl mit hohem Anspruch an Architektur, Technik und Ökologie. Schon damals war Arup kein reiner Dienstleister, sondern hat sich stets auf Augenhöhe mit den ihn beauftragenden Bauherren und Architekten gesehen“, sagt Christoph Achammer. „Das Resultat ist, dass heute jedem Schöner­Wohnen­Leser und jeder HOME­ Leserin ARUP ein Begriff ist. Und dieses Phänomen ist weltweit einzigartig.“ Noch klarer bringt es Wolfgang Vasko auf den Punkt: „ARUP ist ein international agierender Kon­ zern mit der wahrscheinlich besten Öffentlichkeits­ abteilung und PR­Stelle weltweit. ARUP ist nicht nur Dienstleister und nicht nur Ingenieurbüro, sondern versteht sich als Anbieter und Trendsetter von holisti­ schen Lösungen. Und im Gegensatz zu uns allen an­ deren kann es sich ARUP leisten, Geld in Projekte zu investieren, die niemals realisiert werden, und zwar einzig und allein nur zu dem einen Zweck, in Life­ stylemagazinen publiziert zu werden, gewaltige Bekanntheit zu erreichen und entsprechend zum Wachstum des Markenwerts beizutragen.“ Bauingenieure, baut Bilder! Damit ist das viel­ leicht traurige Geheimnis der Marke „Backstage“ gelüftet. N Shalom 1 136 x 100 cm Die Marke „Backstage“

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Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren | Besuch von Dr. Sachs Michael Sachs übergab Corinna Greger und Felix Ehrnhöfer die Publikation zum neuen Verwaltungs­ gerichtsverfahren. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits­Novelle 2012 wurde der Rechtsschutz im öffentlichen Recht grundle­ gend verändert: Sonderbehörden zur Verwaltungskont­ rolle (z. B. das Bundesvergabeamt) werden abgeschafft und im neuen Bundesverwaltungsgericht zusammenge­ führt. „Alles neu“ heißt es auch bei den Instanzenzügen. Die neue zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit wird eingeführt: Entscheidungen einer Behörde ergehen damit (sieht man vom Bereich der Gemeinden ab) immer in erster und letzter Instanz. Statt eines administrativen Instanzenzuges tritt die Beschwerde an das Bundesver­ waltungsgericht, das Bundesfinanzgericht oder eines der neun Landesverwaltungsgerichte. Gegen die Ent­ scheidungen der neuen Landesverwaltungsgerichte sowie des Bundesverwaltungsgerichts steht wiederum die Beschwerdemöglichkeit an den Verwaltungs­ oder Verfassungsgerichtshof offen. Die maßgebenden Regelungen treten überwiegend mit 1. 1. 2014 in Kraft. Aus diesem Anlass erschien kürzlich im Manz Verlag der Kommentar „Das neue Verwaltungs­ gerichtsverfahren“. Herausgeben wurde der Kommentar u. a. von Dr. Michael Sachs. Dr. Sachs hatte in der Vergan­ genheit verschiedene leitende Funktionen im Wirt­ schaftsministerium und in der Privatwirtschaft inne. Seit 2002 ist er Vorsitzender des Bundesvergabeamtes und leitet dieses noch bis Ende des Jahres 2013. Zuletzt wurde er von der Bundesregierung zum Vizepräsidenten des ab 1. 1. 2014 bestehenden, neuen Bundesverwaltungs­ gerichts bestellt. Dr. Sachs ließ es sich nicht nehmen, der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulen­ ten persönlich ein Exemplar seines Kommentars zu überreichen. Dabei betonte er, wie wichtig insbesondere die Beteiligung fachkundiger Laienrichter an der Recht­ sprechung im Vergabewesen ist. Soweit das Vergabe­ wesen in den Vollzugsbereich des Bundes fällt, wird in Zukunft das Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittel­ instanz darüber entscheiden. Das Bundesverwaltungsge­ richt wird seine Entscheidungen dabei wiederum in Senaten unter Beteiligung von fachkundigen Laien­ richtern (z. B. ZiviltechnikerInnen) fällen. Vizepräsident Dr. Sachs hob die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Generalsekretariat der Bundeskammer der Architek­ ten und Ingenieurkonsulenten im Zuge der anlässlich der Verwaltungsgerichtsbarkeits­Novelle erforderlichen Neubestellung dieser Laienrichter hervor. Der vor Kurzem erschienene Kommentar zum neuen Verwaltungsverfah­ rensrecht kann nicht nur diesen Laienrichtern eine Hilfestellung bieten, sondern erleichtert auch die Hand­ habe bei der beruflichen Beratungspraxis. Im Kommentar werden die Neuregelungen des Verwaltungsgerichtsver­ fahrensgesetzes, des Verwaltungsgerichtsbarkeits­Über­ gangsgesetzes und des Bundesverwaltungsgerichtsge­ setzes kompakt dargestellt. Die praktische Handhabung der Neuerungen wird durch einen einleitenden Überblick über die Reform und die verfassungsrechtlichen Grund­ lagen geboten. Der Kommentar enthält aber ebenso eine Verknüpfung zu den parlamentarischen Materialien sowie umfassende erläuternde Anmerkungen, Praxishin­ weise, Verweise auf relevante Judikatur und korrespon­ dierende Bestimmungen. „Das neue Verwaltungsge­ richtsverfahren“ ist schon wenige Tage nach dem Erscheinen ein unentbehrliches Standardwerk. N Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren

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Almenvermessungen in Österreich| Ziviltechniker bieten ihre Unterstützung an Michael Krassnitzer geboren 1967 in Graz, Studium der Philosophie. Lebt als freier Journalist mit den Schwerpunkten Kulturgeschichte und Medizin in Wien. Aus dem Bild, das die Tourismuswerbung von unserem Land entwirft, sind sie ebenso wenig wegzudenken wie aus dem europäischen Agrarsubventionssystem: die Almen. Bei rund einem Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Österreich handelt es sich um derartige hoch gelegene Weideflächen, auf die während der Som­ mermonate das Vieh getrieben wird. Eine der Besonder­ heiten von Almen ist deren spezielle Morphologie. „Eine Alm ist aufgrund ihres urtümlichen Charakters anders aufgebaut als eine normale Weide“, weiß Dipl.­ Ing. Clemens Neuber, stellvertretender Vorsitzender der Bundesfachgruppe Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Biologie der Bundeskammer der Architekten und Ingeni­ eurkonsulenten (bAIK): „Bäume, Buschwerk und Geröll beeinträchtigen die Nutzung der Fläche als Weide. Es ist daher eine schwierige Angelegenheit, das Ausmaß der tatsächlichen Futterfläche zu beurteilen.“ Das ist keine triviale Feststellung. Denn fehlerhafte Bestimmungen der Almfutterflächen haben im letzten Jahr zu größeren politischen Turbulenzen geführt. Im April wurde der Öffentlichkeit bekannt, dass die österreichischen Bauern wegen Fehlern bei der Vermes­ sung von Almen für die Jahre von 2006 bis 2008 bis zu 64,2 Millionen Euro an EU­Subventionen wieder zurück­ bezahlen müssen, weil die tatsächlich bewirtschafteten Flächen nicht mit den Angaben bei Beantragung der EU­Förderung übereinstimmten. Für die betroffenen Bauern, die sich auf die Richtigkeit der Vermessungen verlassen hatten, waren diese Rückzahlungsforderungen mitunter existenzgefährdend: Es ging dabei um kolpor­ tierte Summen von bis zu 100.000 Euro. Genaue Zahlen liegen für die Jahre 2009 bis 2011 vor: Für diese Zeitspanne beliefen sich die Forderungen der EU auf 10,1 Millionen Euro, Spitzenreiter war ein Vorarlberger Bauer, der exakt 62.275 Euro zurückbezahlen musste; betroffen waren insgesamt über 12.000 bäuerliche Betriebe. Im ländlichen Österreich herrschte seither regel­ recht Aufruhr: Es kam zu Demonstrationen, Bauernbünde und Landwirtschaftskammern waren fuchsteufelswild, Bauern drohten mit Klagen gegen die Republik. Landwirt­ schaftsminister Dipl.­Ing. Nikolaus Berlakovich rief eine eigene Sonderkommission („Soko Alm“) ins Leben, 292 30 | 31 Almenvermessungen in Österreich

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die unter dem Vorsitz des ehemaligen EU­Landwirt­ schaftskommissars Dr. Franz Fischler den Ursachen der Vermessungsfehler auf die Spur kommen und Lösungen erarbeiten sollte. „Mit Vermessen hat das nur im weitesten Sinn etwas zu tun“, charakterisiert Dipl.­Ing. Dietrich Kollenprat, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Ver­ messungswesen in der bAIK, die gängige Ermittlung von Futterflächen, die anhand von Luftbildern (Orthofotos) vorgenommen wird. Eine Resolution des Bezirksbauern­ rates Waidhofen an der Ybbs des Niederösterreichischen Bauernbundes stellt den Messungen ein verheerendes Zeugnis aus. Demnach sind die zugrundeliegenden Bilder in vielen Fällen unbrauchbar: „Die Qualität der Luftbilder ist in Teilgebieten derart schlecht, dass auf Basis dieser Bilder nicht digitalisiert werden kann. Aufgrund erhebli­ cher Berg­ und Waldschatten erscheinen manche Feldstü­ cke zur Gänze schwarz.“ Auch die Qualität der Kontrollen wird in dem Bauernbund­Dokument massiv infrage gestellt: „Die Detailauslegung der Sachverhalte durch die einzelnen Kontrolleure ist sehr unterschiedlich. Die fachliche Kompetenz der Kontrollorgane ist unzu­ reichend, die Vorgangsweisen sind uneinheitlich.“ Feststellungen von Sachverständigen des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung seien im Nachhinein von „Laien­Kontrolleuren“ abgeändert worden. „Das kommt heraus, wenn für Vermessungen nicht die echten Experten, sondern angelernte Hilfs­ kräfte herangezogen werden“, kritisiert bAIK­Generalse­ kretär Dr. Felix Ehrnhöfer: „Es ist unverständlich, dass bei Vermessungsfragen nicht jene miteinbezogen werden, die Vermessungswesen studiert haben und als Beruf ausüben. Doch weder die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten noch das Bundesamt für Eich­ und Vermessungswesen (BEV) wurden in dieser Angelegenheit jemals um Beistand gefragt.“ Wären Profis zurate gezogen worden, so wäre den Bauern das Debakel wahrscheinlich erspart geblie­ ben. „Orthofotos geben in der Regel nicht die geometrisch exakte Lage des abgebildeten Objekts wieder“, weiß Vermessungsexperte Kollenprat. Je steiler und kupierter das Gelände ist, desto größer können die Abweichungen des tatsächlichen Naturstandes sein. Bei dem aus Kosten­ gründen gewählten Punktraster von 25 mal 25 Metern können sich beträchtliche Ungenauigkeiten ergeben. „Wenn man Flächen auf Basis von Luftbildern bestimmt, kann es sein, dass man sich um 100 Prozent verschätzt“, betont Kollenprat. Auch die bei den Kontrollen vor Ort verwendete GPS­Technologie hat ihre Tücken: „Unter idealen Bedingungen ist mit GPS eine Messgenauigkeit von 20 Zentimetern zu erreichen. Durch Abschattungen der Satellitensignale, zum Beispiel am Waldrand oder neben Gebäuden, wird diese Genauigkeit in der Praxis Schützen Sie sich und Ihr Unternehmen vor etwaigen Schadenersatzansprüchen! Aon Holdings Austria GmbH Ihr Partner in Sachen Sicherheit & Versicherungen Ihr Berater: Prok. Peter Artmann I 1110 Wien, Geiselbergstraße 17 I t +43 (0)57800-159 I peter.artmann@aon-austria.at Aon_Anzeige_Konstruktiv.Jänner2013.indd 1 26.02.2013 14:23:45 Anzeige

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oft bei Weitem nicht erreicht“, sagt der Vermessungsex­ perte. Auch wenn die Verbindung zum Satelliten kurzfris­ tig unterbrochen ist und das Gerät neu initialisiert wird, kommt es zu beträchtlichen Messfehlern. Doch alle Warnungen verhallten ungehört. Als die Rückzahlungsforderungen seitens der EU ruchbar wur­ den, schrieb bAIK­Vizepräsident BR h.c. Dipl.­Ing. Rudolf Kolbe einen Brief an Landwirtschaftsminister Berlako­ vich, in dem er ihn darauf aufmerksam machte, „dass durch die Einbindung von staatlich befugten, beeideten und vor allem unabhängigen Ziviltechnikern der Befugnis­ gruppen Vermessungswesen, Landwirtschaft und Forst­ wirtschaft eine Verbesserung zu erzielen wäre.“ Eine Antwort erhielt er nie. Auch als die „Soko Alm“ ins Leben gerufen wurde, meldete sich die Kammer zu Wort. In zwei Briefen bot Kolbe Minister Berlakovich sowie Soko­Leiter Fischler die Mitarbeit der bAIK in der Kommission an. Das Landwirtschaftsministerium ließ wissen, dass ohnehin ein „Experte aus dem universitären Bereich“ eingebunden sei. Die abschlägige Antwort Fischlers fiel unerwartet harsch aus: Er warf Kolbe vor, „von der ganzen Sache keine Ahnung“ zu haben. „Es ist überdies absolut nicht richtig, dass der Kern des Problems ,seltsa­ me Messmethoden‘ wären“, schrieb Fischler. Was dann? Die ganze Affäre hat einen pikanten politischen Hintergrund. Das Ministerium für Land­ und Forstwirt­ schaft hat die Agrarmarkt Austria (AMA) mit der Abwick­ lung der EU­Förderungen beauftragt. Diese wiederum hat im Rahmen eines Werkvertrages die Landwirtschafts­ kammern mit den Vermessungen, der Bearbeitung der Förderanträge und den Kontrollen beauftragt. Die Land­ wirtschaftskammern bieten den Bauern die Vermessung ihrer Almen und die Erstellung von Förderanträgen an die EU als kostenlosen Service an. Was die Bauern freilich nicht wissen: Ihr Aufwand wird den Landwirtschaftskam­ mern sehr wohl abgegolten – aus den EU­Fördermitteln. „Eine öffentliche Ausschreibung für diesen Auftrag hat es nie gegeben“, kritisiert Neuber: „Die Landwirtschaftskam­ mern, die zuvor defizitär waren, haben diesen Strohhalm begierig aufgegriffen und sich auf diese Weise aus ihrer finanziellen Krise befreit.“ Dafür wie man die für die EU­Förderanträge not­ wendigen Vermessungen in Zukunft durchführen sollte, damit den Bauern keine Rückzahlungsforderungen mehr ins Haus flattern, gibt es unterschiedliche Lösungsmodel­ le. Dass die Landwirtschaftskammern ihre Finger von den Almvermessungen lassen sollten, darüber sind sich die Funktionäre der bAIK einig. Neuber schlägt vor, dass die Bauern ihre Futterflä­ chen selbst mittels eines speziellen Geoinformationssys­ tems (GIS) vermessen sollten. „Mit einem maßgeschnei­ derten ‚kleinen GIS für den kleinen Bauern‘ kann jeder seine Messungen selbst abwickeln.“ Dabei könne er sich von Ziviltechnikern der Befugnisgruppen Vermessungs­ wesen, Landwirtschaft und Forstwirtschaft, die für etwaige Fehler haftbar sind, beraten lassen. „Indirekt bezahlen die Bauern die Messungen ja bereits jetzt“, betont der stellvertretende Bundesfachgruppenobmann. Bei dieser Vorgehensweise könnte viel an Bürokratie eingespart werden, meint er und zieht eine Parallele zur Steuer: „Auch die Finanzämter geben sich zuerst einmal mit den Angaben des Steuerzahlers zufrieden. Nur bei einer Kontrolle muss man seine Angaben auch belegen können. Und wer sich einen Steuerberater leistet, erspart sich viel Ärger.“ Ganz grundsätzlich kriti­ siert Neuber, dass die EU­Subventionen an den reinen Weideflächen bemessen werden. „Weil nur die Futterflä­ che zählt, beseitigen die Bauern alles, was diese vermin­ dert. Für das sensible Ökosytem Alm ist dieser Kahlschlag eine Katastrophe“, berichtet er von einem weitgehend unbemerkt ablaufenden ökologischen Desaster. Kollenprat hingegen wünscht sich, dass die Digi­ talisierung bzw. Kontrollvermessung an Weideflächen von vornherein durch unabhängige Ziviltechniker des Fachgebiets Land­ und Forstwirtschaft durchgeführt werden. „Haftungen und Garantien werden damit auf den Ziviltechniker übertragen, der über eine entsprechen­ de Berufshaftpflichtversicherung verfügt“, argumentiert er. Technisch empfiehlt er eine Flächenermittlung nach einem dreidimensionalen Geländemodell (DGM), das aufgrund seines höheren Punkterasters (ein mal ein Meter) den Naturstand gerechter und objektiver abbildet als die jetzige Flächenermittlung mittels Orthofotos. Kollenprat und Neuber sind sich einig darüber, dass die von der EU vorgeschriebenen stichprobenartigen Kont­ rollen von Ziviltechnikern durchgeführt werden sollen. Für die Bauern ist die Angelegenheit mittlerweile einigermaßen glimpflich ausgegangen. Ein Rechtsgut­ achten der Universität Innsbruck hat ergeben, dass die Bauern keine Schuld trifft, wenn die Behörde untaugliche Messsysteme einsetzt. Auch wenn modernere Messsyste­ me zu abweichenden Flächenfeststellungen führen, kann dies einem Landwirt nicht zur Last gelegt werden. Die Bauern müssen rechtswidrig gewährte Förderungen zwar zurückzahlen, werden aber von keinen weiteren Sanktionen bedroht. Zu Unrecht bezogene Förderungen können von der Behörde nur binnen einer Frist von zwölf Monaten zurückgefordert werden. Damit sind die exis­ tenzbedrohlichen Rückforderungen über mehrere Jahre inklusive Strafzahlungen vom Tisch. „Bezahlen muss die Allgemeinheit“, resümiert Neuber – denn die EU bekommt ihr Geld zurück, von wem auch immer. In besagtem Rechtsgutachten finden sich aber auch andere interessante Passagen: „Angesichts der mittlerweile mehrmaligen Feststellung von EU­Stellen, dass das österreichische System nicht den Vorgaben des EU­Rechts entspricht, erscheint ein Verstoß gegen EU­Recht gut argumentierbar.“ Mit anderen Worten: Die Art und Weise, wie derzeit die Almfutterflächen ermittelt werden, widerspricht höchstwahrscheinlich dem EU­Recht. Für bAIK­Generalsekretär Ehrnhöfer ist klar: „Das ganze System muss völlig neu aufgesetzt werden. Das wäre die Gelegenheit, endlich jene, die Vermessungswesen studiert haben und als Beruf aus­ üben, mit einzubinden. Österreichs Ziviltechniker sind bereit für diese Aufgabe.“ N 292 32 | 33 Almenvermessungen in Österreich

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Der Themenschwerpunkt des Superscape 2014 fokussiert daher auf die Schnittstelle zwischen öffentlichem urbanen Raum und privatem Wohnraum und lädt Akteure aus dem Feld der Architektur und Raumplanung ein, Ideen und Visionen zu künftigen Konzepten einzureichen. Welche räumlichen Praktiken werden sich aus bereits heute erprobten wie Homeoffice, Guerilla-Gardening, Funktionshybride in der Erdgeschoßzone, kommunizierende Fassaden, privat adaptierbare Gebäude oder funktionsoffene Architekturen ergeben? Welcher neuen Formen der Raumnutzung zwischen Privatem und Öffentlichem bedarf es? Welche architektonischen, städteplanerischen Rahmen können das ermöglichen? Wie könnte dadurch das Verständnis von Privatsphäre beziehungsweise öffentlichem Raum verändert werden? Wie sieht Ihre Stadt von morgen aus? Der Superscape 2014 sucht nach visionären Ideen im Feld der Architektur und Stadtplanung. Im Fokus steht dabei das Verhältnis privaten Wohnraums und seines urbanen Kontexts aus interdisziplinärer Perspektive. Soziokultureller sowie demografischer Wandel und ein verändertes Verständnis von Öffentlichkeit, beeinflusst durch neue Medien, führen zu einer Verschiebung der beiden Sphären. Mit einem wandelnden Bedürfnisspektrum an Stadt und Wohnraum müssen grundlegende Veränderungen im Verständnis von urbanen Gefügen und des architektonischen Rahmens für Urbanität einhergehen. Weitere Informationen sowie die Auslobungsunterlagen finden sich unter Bis zum 31. März 2014 sind ArchitektInnen, LandschaftsarchitektInnen, RaumplanerInnen und DesignerInnen aufgefordert, prägnante Ideenskizzen zum thematischen Fokus des Superscape 2014 einzureichen. Daraus nominiert die Fachjury eine Shortlist, die eingeladen ist, ihre Konzepte auszuarbeiten. Die Aufwandsentschädigungen für die Teams der Shortlist und das Preisgeld betragen insgesamt € 30.000,–. www.jp-perspektiven.at

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40 Jahre KONstruktiv | Vom offiziellen Organ der Bundesingenieurkammer zur Zeitschrift der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten Bewusstsein der gesellschaftlichen Relevanz von Technik und Architektur breitete sich auch das Themenfeld aus. Denn ebenso divers wie die eigentlichen Befugnisse der Ziviltechniker sind auch ihre Anknüpfungspunkte zu anderen Disziplinen, entsprechend wirft das KONstruktiv stets einen Blick auf den erweiterten Kontext und präsen­ tiert Perspektiven anderer Disziplinen und Fachgebiete auf Technik und Architektur. Das KONstruktiv bedankt sich bei den Gründern des Mediums sowie allen bisherigen Redakti­ onsverantwortlichen und vor allem bei seinen Lesern. Seit 40 Jahren informiert das KONstruktiv über das Tätig­ keitsfeld der Architekten und Ingenieurkonsulenten in Österreich. Doch auch wenn Umfang, thematische Ausrich­ tung und grafisches Auftreten im Laufe der Zeit immer wieder gewechselt haben, blieb der Kern der Blattlinie erhalten. Bereits am Cover der ersten Ausgabe war zu lesen, das „KONstruktiv ist Sprache und Gehör der österreichi­ schen Architekten und Ingenieure“ und legt der Öffentlich­ keit KONstruktive Vorschläge zur Weiterentwicklung auf dem Planungssektor vor. Mit einem zunehmend größeren Ausgabe 113 und 132 Elf Jahre nach dem ersten Erscheinen des KONstruktiv wurden die Ausrichtung und grafische Gestaltung mit der Ausgabe Num­ mer 113 erstmals adaptiert. Im Vorwort zur neuen Blattlinie war zu lesen: „Aus dem offiziellen Organ ist eine Zeitschrift gewor­ den; mit Magazin­Charakter.“ Auch im Sinne der neu eingeführten Schwerpunktthemen, seien es „Die neuen Bauherren“ (113) oder nach der Nuklearkatastrophe von Tscherno­ byl 1986 die Ausgabe 132 zu Radioaktivität. 1970 1980 Ausgabe 1 und 6 Am 18. Mai 1973 erschien die erste Ausgabe des KONstruktiv, damals die „Nachrichten der Bundesingnieurkammer – Offizielles Organ“ auf 16 Seiten. Herbert Müller­Hartburg, damali­ ger Präsident der Bundeskammer, war maßgeb­ licher Motor hinter der Entstehung des Medi­ ums. Sein Punktekatalog zur Grundausrichtung des KONstruktiv hielt den Anforderungen der Zeit Stand, waren es doch die Zusammenhänge und interdisziplinären Schnittstellen zwischen Architektur, Technik und Gesellschaft, auf denen der Fokus lag. Ausgabe 143 und 147 Immer wieder wirft das KONstruktiv auch seinen Blick ins Ausland und zeigt die Perspektiven der Ziviltechniker in der Europäischen Gemeinschaft auf (143) oder nahm die 2. Österreichischen Architektentage zum Anlass, Projekte und Ansätze internationaler Newcomer wie Kees Christiaanse, OMA oder Zaha Hadid genauer in Augenschein zu nehmen. Ausgabe 150 Die neuen Möglichkeiten EDV­gestützter Arbeit und damit einhergehender Veränderungen im Organisa­ tionsprozess von Projekten rücken Ende der 1980er­Jahre vermehrt in den Fokus des KONstruktiv. 292 34 | 35 40 Jahre KONstruktiv

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Ausgabe 187 Parallel zur Kammerreform 1993 wurde das KONstruktiv von der Zeitschrift der Bundes­Ingenieur­ kammer zur Zeitschrift der Bundes­ kammer der Architekten und Ingeni­ eurkonsulenten. Ausgabe 200 Ende der 1990er­Jahre waren nun auch medial die letzten Männerbas­ tionen gestürmt, nur logisch, dass das KONstruktiv in der Ausgabe 200 das Thema „Frauen und Bauen“ behandelte. Ein Thema, das 2011 mit dem Schwerpunkt des KONstruktiv 282 „Hat Technik ein Geschlecht?“ noch immer nicht an Aktualität eingebüßt hatte. Ausgabe 257 2006 erscheint das KONstruktiv erstmals komplett in Farbe. Mit 64 Seiten ist es gegenüber der ersten Ausgabe 1973 im Laufe der Zeit deutlich gewachsen. 1990 2000 Ausgabe 277 2010 wird das KONstruktiv sowohl grafisch als auch inhaltlich neu definiert. Um die Vielfalt der 56 Befugnisgebiete und ihre gesellschaftliche Relevanz einer interessierten Leserschaft über die Fach­ grenzen hinweg darstellen zu können, greift das KONstruktiv nun in interdisziplinären Schwerpunktthemen lang­ fristige Entwicklungslinien auf, die Technik in neue Wissenszusammenhänge stellen. 2010 Ausgabe 174 1992 wurde der Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) unter­ zeichnet, die Vision der Europäischen Union nahm Gestalt an. Auch wenn es bis zur Grün­ dung des European Council of Engineers Chambers noch elf Jahre dauern sollte, befasste sich das KONstruktiv bereits mit dem neuen Handlungsraum europäischer Ziviltechniker. 40 Jahre KONstruktiv

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Dimensionen der Sanierung | Über die Faktoren nachhaltigen Bauens Wolfgang Amann ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen, unterrichtet an der TU Wien, den Fachhoch­ schulen Wien sowie an der Donau­Universität Krems und ist Mitglied des UNO­Beratungs­ gremiums „Real Estate Market Advisory Group“. Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsu­ lenten und der Fachverband Steine Keramik der Wirt­ schaftskammer Österreich haben ihre Interessen gebündelt und bereits zum zweiten Mal einen Sanierungstag abgehal­ ten. Bei der Wohnhaussanierung treffen sich Baukultur und Bauprodukte wie auf sonst kaum einem Feld. Die Wohnhaussanierung wurde 2012 von den österreichischen Bundesländern und dem Bund mit zusammen rund 800 Millionen Euro gefördert. Damit wurden Investitionen in die Sanierung von knapp fünf Milliarden Euro ausgelöst (IIBW, Euroconstruct). Ein knappes Drittel aller Wohnbauförderungsausgaben fließt in diesen Bereich, mit deutlich steigender Tendenz. Jährlich werden rund 30.000 Wohnungen umfassend thermisch saniert, etwa dreimal so viele erfahren Teilsa­ nierungen. Die angestrebte Rate umfassender thermi­ scher Sanierungen von 3 % ist damit zwar noch lange nicht erreicht, der Weg dahin scheint aber geebnet. Mehr als in fast allen anderen EU­Ländern besteht bei österrei­ chischen Bauherren Bereitschaft für Sanierungsmaßnah­ men (Eurostat Konjunkturindikatoren). Es muss gelten, sie abzuholen, wo sie heute stehen. Die Sanierung unseres Wohnungsbestands ist nicht nur notwendig, um Werte zu erhalten und Energie zu sparen. Sie hat vielfältige Auswirkungen auf unsere gebaute Umwelt in baukultureller, wirtschaftlicher, umwelt­ und sozialpolitischer Hinsicht. Wir verbauen heute mindestens dreimal so viel Material, wie wir über Recycling und Entsorgung aus unseren Siedlungen und Städten abführen. Der Material­ einsatz pro Mitbürger beträgt etwa 1000 Tonnen für ein ganzes erfülltes Leben, der überwiegende Teil davon für Baulichkeiten aller Art (Rechberger/TU Wien). Es wächst ein Berg vor unseren Augen, seien es Industrieruinen und Bungalows der 1970er­Jahre, überdimensionierte Auto­ bahnkreuze, gar nicht so alte Mulitplex­Kinos oder das Übermaß an ererbten, aber nicht wirklich gebrauchten Bauten aus allen Dezennien. Über kurz oder lang werden wir wohl nicht an der Entscheidung vorbeikommen, entweder den Materialeinsatz im Neubau drastisch zu reduzieren oder die Wieder­ und Weiterverwertung im Bestand massiv auszuweiten. Die Entsorgung des Bergs auf Deponien ist wirtschaftlich und ökologisch keine Option. Über kurz oder lang wird die drastische Verlänge­ rung der Nutzungsdauer unserer Immobilien über umfas­ sende Sanierungen unvermeidlich sein. Neubau und Sanierung werden wohl aufhören, das Gegensatzpaar zu sein, als das sie heute wahrgenom­ men werden. Es wird viel mehr zu einer Verschmelzung der Bauaufgaben kommen. Immer öfter werden Neubau­ ten nur mehr möglich sein, wenn erhebliche Teile von Altbeständen erhalten bleiben. Der Grund mag in den Kosten von Grundstücken und Entsorgung, aber auch in aufrechten Bestandsverhältnissen und einer geänderten Bewertung vorgefundener Strukturen liegen. Viele heute noch semiurbane Regionen mit teil­ weise dörflichem Charakter werden zu Städten anwach­ sen. Bestehende Eigenheimsiedlungen werden über die Zeit zu verdichtetem Flachbau mutieren. Neu erschlosse­ nes Bauland wird überwiegend dicht bebaut werden. Regionen wie das Vorarlberger Rheintal oder weite Teile der Westbahn­Achse werden städtisch werden. Bei den gewachsenen Zentren der Städte wird viel davon abhängen, ob es gelingt, Mechanismen der Nach­ verdichtung zu implementieren. Derzeit sind die Rahmen­ bedingungen eher sperrig. Der steigende Wohnflächen­ konsum führt dazu, dass immer weniger Menschen in den historischen Zentren leben. Urbanisierung passiert anderswo. Zuzug kumuliert an den Rändern, wo leistbare Lebensbedingungen vorfindbar sind. Die übermäßige Treibhausgasemissionen Gebäude (Index, 1990 = 100) THG Emissionen gesamt (Index, 1990 = 100) 120 110 100 90 80 70 1990 2010 2002 2006 2004 2008 1995 2000 AT CH EU 27 DE CZ HU 100 90 80 70 80 50 1990 2007 2009 2000 2005 2011 1995 CH EU 27 AT HU DE EU 27 AT CH CZ DE HU 1990 100 100 100 100 100 100 1995 93 102 97 77 90 81 2000 91 103 98 74 83 79 2002 91 110 98 72 83 79 2004 93 117 101 75 82 81 2006 92 115 102 76 80 80 2008 89 111 101 73 78 75 2010 85 108 102 71 75 70 Anm.: CO2Äquivalente Quelle: Eurostat Anm.: CRF-Sektoren 1A4a – 1A4c; Gemäß Sektorenaufteilung müsste für den Sektor „Gebäude“ der Subsektor 1A4c (Landwirtschaft u. a.) herausgerechnet werden, was aufgrund der Datenverfügbarkeit in Eurostat nicht möglich ist. 1A4c macht <10 % der Emissionen im Sektor aus; CO2-Äquivalente Quelle: Eurostat 292 36 | 37 Dimensionen der Sanierung

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Preisdynamik im gründerzeitlichen Bestand ist insofern auch als Schutzmechanismus der Eingesessenen gegen­ über dem Zuwanderungs­druck interpretierbar. Eigene Biotope von Stadtromantikern entstehen in den ensemblegeschützten gründerzeitlichen Quartieren, wohl bestallt durch alte Bestandsverhältnisse, basisde­ mokratisch mit Beschränkung auf die Ansässigen, wider­ ständig gegen baulichen Wandel, ökologistisch. In den Zentralbereichen werden historische Vorstellungen von Stadt gepflegt. Die eigentliche Entwicklung zeitgemäßer Zivilgesellschaft passiert drum herum, in der Donut­City. Die unterschiedlichen Gesichter von Sanierungen werden in Zukunft noch unterschiedlicher werden. Kostendegression, steigende Energiepreise und wach­ sende Kapazitäten im Baunebengewerbe werden zu umfangreichen Sanierungsaktivitäten mit dürftigem gestalterischem Anspruch führen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Vollwärmeschutz in den Sprachge­ brauch auch des verstocktesten Bauherrn vorgedrungen sein wird. Wenn es einmal so weit ist, wird nicht mehr die Forcierung der Sanierungsrate vordringliches öffent­ liches Interesse sein, sondern ihre Qualifizierung. Andererseits verfügen wir über einen großen Gebäudebestand in der Verantwortung von Bauherren mit langfristiger wirtschaftlicher Perspektive und vitaler Zuneigung zu ihren Häusern. Es ist durchaus davon auszugehen, dass der prognostizierte Sanierungstrend gerade dem Ortsbild­ und Denkmalschutz sehr zustatten kommen wird. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich der Denkmalschutz als aktiver Beteiligter für wirtschaftlich und energietechnisch lebensfähige Gebäude einsetzt. Die Architekten sind wie bei verschiedenen Ent­ wicklungen der vergangenen Jahrzehnte aufgefordert, mit der an sie herangetragenen (und nicht von ihnen selbst initiierten) Entwicklung Schritt zu halten. Ähnlich der Entwicklung beim Passivhaus sind die Archi­ tekten nicht die Träger des Trends zur Sanierung. Es wird ihnen zweifellos gelingen, sich einzuklinken und ihr Schärflein beizutragen. Ob es ihnen allerdings gelingen wird, ihrer umfassenden Verantwortung für unsere gebaute Umwelt gerecht zu werden, sei dahingestellt. Unsere Städte sind gebauter Ausdruck unserer Zivil­ gesellschaft. Dasselbe trifft für ihre Instandhaltung und Erneuerung zu. Zivilgesellschaft besteht aus Geset­ zen, Förderungen und Businessplänen, aus Hausherren, Rechtsanwälten, Baubehörden, Gewerbetreibenden, Bewohnern und irgendwo auch Architekten. Der Platz der Architekten in diesem Gefüge ist keine Bringschuld der Zivilgesellschaft, sondern eine Holschuld der Planer. Sie werden wohl ihren Platz bekommen. Denn Akteure mit Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung sind immer gefragt, gerade für so subtile Konstrukte wie öffentlicher Raum, Stadtbild oder Baukultur. N 1 BOX – 6 DVDs, DIGITALLY REMASTERED 12 FOLGEN à ca. 90 Min. Jetzt ch li erhältandel Fachh p im RF-Sho d im O F.at un R shop.O HUGO PORTISCH SEPP RIFF ÖSTERREICH Erstmals auf 6 DVDs in einer Box! • Die Staatswerdung Österreichs 1945 • Neu kommentiert und überarbeitet von Hugo Portisch • Erstmals auf DVD in 16 : 9 a:p media shop.ORF.at FOLGE 1–12 Anzeige

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100 Jahre Ingenieurkammergesetz | Zur Geschichte der österreichischen Ingenieurkammern Norbert Drexler Zivilingenieur für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft. Befugnis seit 1980. Langjähriger Koordinator im Ausschuss Wasserwirt­ schaft und Mitarbeit in der Bundesfachgruppe Wasserwirtschaft der bAIK. Seit 2010 Vizepräsi­ dent der Länderkammer Wien, NÖ, Bgld. Quellen: Beer – Miklauzhizh „Ziviltechnikerwesen“ nach dem Stande vom 1. Jänner 1932; Manz’sche Verlags­ und Universitäts­ Buchhandlung; Wien 1932 Pany – Schwarzer „Ziviltechnikerrecht­Inge­ nieurgesetz“; Manz’sche Verlags­ und Universitäts­ buchhandlung; Wien 1981 Krejci – Pany – Schwarzer „ZTG ­ Ziviltechniker­ recht“; Manz’sche Verlags­ und Universitäts­ buchhandlung; Wien 1997 Bereits 2010 wurde das Jubiläum „150 Jahre Zivilingenieur“ gefeiert, die Gründung der Kammern dieser Berufsgruppe jährt sich heuer allerdings erst zum 100. Mal. Wie es zu dieser zeitlichen Diskrepanz kam, erklärt sich aus der Geschichte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablier­ te sich in Österreich die Idee, öffentliche Verwaltungsap­ parate durch eine neue Berufsgruppe, die zur Erstellung offizieller Urkunden berechtigt sein sollte, zu entlasten. Dies mündete in der Verordnung des Staatsministeriums vom 8. Dezember 1860, wonach unabhängig vom Staats­ dienst Zivilingenieure zu bestellen seien, in der Kundma­ chung der k. k. niederösterreichischen Statthalterei vom 27. August 1861. Diese schrieb die „Grundzüge zur Einfüh­ rung von behördlich autorisierten Privattechnikern“ fest, wonach diese in drei „Klassen“ gegliedert wurden: Zivil­ ingenieure für Baufächer, Architekten und Geometer. Also gab es von Anfang an schon Zivilingenieure, Architekten und Zivilgeometer. Die Befugnisse der Zivil­ ingenieure waren ähnlich geregelt wie heute, ebenso jene der Architekten, allerdings mit Beschränkung auf Hochbau und Architektur. Die Kundmachung der niederös­ terreichischen Statthalterei ist im „Ziviltechnikerwesen“ als Beispiel mit genauer Wiedergabe der „Grundzüge“ angeführt, aber sie gilt deshalb nicht als erste Kundma­ chung dieser Art. Im Westen Österreichs war man schneller. Im Laufe der Zeit dürften sich die einzelnen Ver­ ordnungen in den Kronländern verlaufen haben, denn schließlich gab es im Jahre 1901 eine „allgemeine Kund­ machung im Verordnungsblatt des Ministeriums des Inneren“ für „die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder außer in nicht deutschösterreichischen Ländern“. Dies erklärt sich wohl aus der Strukturierung der Donaumonarchie, die seit 1867 eine Gemeinschaft von zwei voneinander unabhängigen Staatsgebilden war. Im Osten war dies das Königreich Ungarn (mit der Slowa­ kei und Kroatien), und im Westen war dies ein Staat mit Erbkaisertum, welcher offiziell noch nicht Österreich hieß. Der wahre Name dieser westlichen Hälfte des Staaten­ bundes lautete „Die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“. Die beiden Staaten waren einerseits durch die natürliche Person des Monarchen verbunden (der Kaiser war auch König von Ungarn), und andererseits gab es ein Bündnis, welches manche Regelung der Europä­ ischen Union schon vorweggenommen hatte (Freiheit der Niederlassung, des Handels, des Studiums, teilweise gemeinsame Finanz­ und Verteidigungspolitik – also echte „k. u. k.­Angelegenheiten“). Alles, was die Ingenieure ab 1867 betraf, war schließlich eine reine „k. k. Angelegen­ heit“ (daher ausgenommen Ungarn). Mit der Sammel­Verordnung von 1901 wurde auch eine Verordnung von 1886 neuerlich kundgemacht, welche das Ziviltechnikerrecht erweitert hatte. Den Bauingenieuren wurden die Kulturingenieure bei­ gestellt und die Maschinenbauingenieure wurden als eigene Befugnis (damals noch Kategorie) eingeführt. Schließlich waren seit der Verordnung vom 8. Dezember 1860, nach welcher auch das Institut der Zivilingenieure zu regeln gewesen wäre, mehr als 40 Jahre vergangen. Aber ein solches Institut, das man inzwischen wohl Kammer genannt hätte, gab es noch immer nicht. Im Gegensatz zu den Kammern der Advokaten, Ärzte und Notare gab es für die Privattechniker nur vereinzelte freiwillige Ingenieurkammern auf Vereinsbasis. Die Gründung der Kammern Im Jahre 1912 war die Geduld der staatlichen Behörden mit der Resistenz der Ingenieure gegenüber ihrer eigenen Organisierung offensichtlich am Ende. Es gab abseits von den eigenen Interessen der Ingenieure zahlreiche Initia­ tiven im Abgeordnetenhaus zur Errichtung von Ingenieur­ kammern. Im Motivenbericht des Herrenhauses zur Errich­ tung von Ingenieurkammern wurde insbesondere der Mangel an Reformbereitschaft beklagt, während die in den westeuropäischen Staaten herrschenden Auffassun­ gen als vorbildlich dargestellt wurden. Besonders würzig war die Kritik an der Bezeichnung behördlich autorisierter Privattechniker. Die Bezeichnung wäre ein Widerspruch in sich, denn ein behördlich autorisierter Funktionär wäre eben kein Privatmann mehr. Mit dieser schlecht motivier­ ten, unpassenden und die betreffenden Personen krän­ kenden Bezeichnung wäre aufzuräumen. „Wer Ingenieur­ kammern will, braucht Zivilingenieure.“ – so also 1912 der Standpunkt vonseiten der Politik. Beklagt wurde auch die schmächtige Anzahl der Kategorien (d. h. der Befugnisse); hier habe man die technische Entwicklung seit 1860 verschlafen. Schließlich wären Zivilchemiker, Elektrotechniker, Eisenbahningeni­ eure, Schiffbauingenieure usw. dazugekommen. Schließlich wurde der (offensichtlich gut vorbereite­ te) Gesetzentwurf am 4. Juli 1912 im Abgeordnetenhaus zum Beschluss erhoben. Am 17. Dezember 1912 ist das Herrenhaus dem Beschluss ohne Änderung beigetreten, worauf das Gesetz vom 2. Jänner 1913 betreffend die Errichtung von Ingenieurkammern im Reichsgesetzblatt Nr. 3 verlautbart wurde. Dieses Gesetz nimmt in den Grundzügen die Rege­ lungen des ZTKG vorweg und wirkt auch aus heutiger Sicht modern. Allerdings ist der ungeliebte Begriff be­ hördlich autorisierter Privattechniker noch enthalten. Immerhin hat die Kommission des Herrenhauses den neu geschaffenen Kammern als eine ihrer agitatorischen Aufgaben aufgetragen, das Gesetz einer tunlichst baldi­ gen Verbesserung zuzuführen. Trotz der großen Zahl an Verordnungen, die aus der Anzahl der jeweiligen Sprengel (d. h. einer eigenen Landes­ kammer) resultieren, darf nicht übersehen werden, dass die wesentlichen Inhalte gleichlautend waren. Die inhalt­ liche Regelung war wohl überzeugender als der Föderalis­ mus, auf diese bezogen sich fortan in chronologischer Folge: Niederösterreich, Mähren, Oberösterreich und 292 38 | 39 100 Jahre Ingenieurkammergesetz

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Der gesamte Text des Reichsge­ setzblattes ist unter www.daskonstruktiv.at in der digitalen Ausgabe des KONstruktiv 292 zu finden. Salzburg, Vorarlberg, Dalmatien, Krain, Istrien, Görz und Gradiska, Lodomerien mit Krakau, die Bukowina, Schlesi­ en, Steiermark und Kärnten sowie Böhmen. Besondere geschichtliche Entwicklungen im Osten Österreichs bescherten der Ingenieurkammer für Nieder­ österreich ein besonderes Schicksal. Ab dem 1. Jänner 1922 war Wien nicht mehr die Hauptstadt von Nieder­ österreich, sondern ein eigenes Bundesland. Zuvor, am 5. Dezember 1921, wurde das ehemalige Deutschwestun­ garn an Österreich übergeben, und somit kam das Bur­ genland als neues Bundesland hinzu. Damit kam es zur Bündelung der Länder Burgenland, Niederösterreich und Wien in einer Kammer. Die Regelungen der Ersten Republik hielten über­ raschend lange, erst im Juli 1942 wurden die entsprechen­ den Bestimmungen von der NS­Herrschaft aufgehoben. Im Jahre 1945 wurden sie wieder in Kraft gesetzt. Zwei Jahre danach gab es neue Kammerstatuten. Im Jahre 1969 kam das neue Ingenieurkammergesetz und mit diesem die Bundesingenieurkammer, das Disziplinarrecht und die Wohlfahrtseinrichtung. Eine große Reform brachte das ZTKG 1993 mit einer neuen Bezeichnung der Kammern. Die historischen Ingenieurkammern werden nunmehr als Architekten­ und Ingenieurkonsulentenkammern geführt. Der Name ist neu, aber was drinnen ist, erscheint bei angemessener Zuneigung zur geschichtlichen Entwicklung gar nicht so neu. Vieles ist eh schon da gewesen. N 100 Jahre Ingenieurkammergesetz Reichsgesetzblatt 1913 Verordnung 1913 Ziviltechniker Verordnung 1913 Länderkammern

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Falsa demonstratio non nocet „Die falsche Bezeichnung schadet nicht“, sagt ein Rechtsprinzip, wonach ein gemeinsamer Wille durch eine falsche Wortwahl nicht auf­ gehoben wird. Für Rechtslateiner: „Falsa de­ monstratio non nocet.“ Beim Handel mit Wa­ ren aller Art ist das noch nachvollziehbar: Wenn nach eindeutiger Bestellung trotz falsch lautender Auftragsbestätigungen die erwarteten Güter geliefert werden, enden die Geschäfte gut – man hat sich auch unmissver­ ständlich abgesprochen. Aber nun behauptet im Ideengeschäft ein Verfahrensorganisator über seinen „Architekturwettbewerb“ und überhaupt, es wäre nach diesem Prinzip un­ schädlich, wenn ein Verfahren nach fachmän­ nischem Verständnis falsch benannt werde. Denn im konkreten Auslobungstext steht ja­ nusköpfig: „Das Verfahren wird anonym durchgeführt. Ergänzend hierzu soll[en] im Rahmen der Preisgerichtssitzung zum Ab­ schluss der zweiten Stufe dem Preisgericht die Entwürfe durch die EntwurfsverfasserIn­ nen präsentiert werden (somit Aufhebung der Anonymität).“ Und das in einem „Architektur­ wettbewerb, der gemäß Wettbewerbsstan­ dard Architektur 2010“ durchgeführt wird. Aber das ist kein Wettbewerb! Das richtige Wort wäre gar kein Problem für den privaten Auslober. Falsche Worte sind jedoch schädlich für das Vertrauen in das Prinzip Wettbewerb. Ein Auslober ist ein Immobilienhändler, der La­ tein gelernt hat, könnte man angesichts dieser Risse im baukulturellen Fundament der Archi­ tektur feststellen. Die Anspielung auf die Loos­ sche Sentenz „Unsere erziehung beruht auf der klassischen bildung. Ein architekt ist ein maurer, der latein gelernt hat. Die modernen architekten scheinen aber mehr esperantis­ ten zu sein“ ist hier produktiv. Sie umschreibt das Wagnis der Kulturalisierung des Hand­ werklichen, das auf dem Streben zu Höherem seine Wurzeln zu verlieren droht. Wettbewer­ be sind nur Mittel zum Zweck der gesteigerten Architekturproduktion, Wettbewerbsorgani­ sation ist ein Handwerk, das kulturell gebun­ den ist. Die Handwerksregeln gelten als ver­ einbart. Neue Regeln, also Kulturtechniken, setzen die alten in eine neue Bedeutung, ma­ chen sie nicht wertlos. Der Wettbewerbsstan­ dard Architektur legt als politischen Grund­ satz bedacht fest: „Architekturwettbewerbe sind methodisch gesehen Ideenkonkurrenzen, bei denen geistige Leistungen (…) unter Wah­ rung der Anonymität beurteilt werden.“ Das Feld ist damit klar und verlässlich bestellt, weil auch die Regelgeber ihr Latein gelernt haben. Dass dieses Feld umkämpft ist, dass Re­ gelnehmer manchmal Falsches hereinrufen, überrascht nicht. Die baukulturelle Absprache steht trotzdem. Walter M. Chramosta N Zeigempfehlung Ein Mann betritt die Bar. Geht zum Tresen, um seinen Schlüsselbund daraufzulegen. Das klassische Ri­ tual. Damit es funktioniert, darf der Schlüsselanhänger nicht von irgendeiner Automarke sein. Kei­ nesfalls Ford, Opel oder Skoda. Auch nicht Ferrari, Bentley oder Hummer, das wäre unglaubhaft, es sei denn, unser Barbesucher fährt wirklich einen. Was wir nicht annehmen, weil er das Ritual sonst nicht nötig hätte. Obwohl, Hand aufs Herz: Wie anders soll ein Aston­Martin­Fahrer hervor­ stechen, wenn sein Auto um drei Ecken parkt? Der optimale Schlüsselan­ hänger ist von Mercedes. Diese Marke gilt als statusgehobene Variante des Normalautomobils. Wertet auf, bleibt aber im Rah­ men und verbreitet die beschei­ denste Variante narzisstischen Glanzes. Die Heimfahrt mit dem Taxi macht das falsche Verspre­ chen des Protz­Anhängers sogar ein wenig wahr. Das Ritual hat seit dem Ende der 80er­Jahre an Boden verloren. Bis dahin war Identifizierung die wesentliche Quelle personaler Identität. Das Individuum hat sich mit einer Marke identifiziert. Wur­ de zum Mercedes­Fahrer, konnte mit einem Logo­Schlüsselanhän­ ger sich selbst meinen und auch kommunizieren. Heute folgen wir dem Modell Ich­AG. Die „Person“ war ursprüng­ lich Vorbild für das Konzept „Mar­ ke“. Heute wird Branding rück­ übertragen aufs Individuum. Wer sich selbst als Ich­AG begreift, will seine eigene Marke pflegen und nutzt das Zeichen der Daimler­AG daher nur noch als eines unter vie­ len im Ensemble. Dieses zählt nicht mehr als Wert an sich, son­ dern macht nur in Kombination mit anderen Sinn – ähnlich wie ein Buchstabe im Alphabet. Die Komplexitätslast des In­ dividualismus ist schwerer ge­ worden. Für den Einzelnen eben­ so wie für Marken, deren Zei­ chenbedeutung nun je nach Kon­ text ganz verschieden lesbar wird. Wer heute einen Mercedes­ Autoschlüssel durch einen Stern­ Anhänger verdoppelt, ist entwe­ der zu einfältig, um die Tautolo­ gie zu bemerken. Oder ein Retro­ Feinspitz, der sein gebrochenes Verhältnis zur Selbstidentifizie­ rung damit ironisch zur Darstel­ lung bringt. Wolfgang Pauser N Experimentierempfehlung Lytro Von den Anfängen der Daguer­ reotypie bis zur modernen digi­ talen Spiegelreflexkamera war es ein langer Weg. Technische Entwicklungen ließen die Foto­ grafie in zwei Sparten aufbre­ chen, was einst teure Experten­ technik war, ist es im professio­ nellen Sektor heute noch immer, für Konsumenten wurde das Festhalten persönlicher Momen­ te bei rasant steigender Bildqua­ lität aber immer günstiger. Egal ob Smartphone oder Studioka­ mera, eine oftmals ärgerliche Ei­ genschaft ist beiden gemein. Der Fokus. Ebendiesen verspricht die Lytro erst nach dem Auslösen de­ finieren zu können oder den je­ weiligen Betrachter eines auf die Lytro­Website exportierten Bilds individuell wählen zu lassen. In der Praxis soll das bedeuten, nur noch den Ausschnitt wählen zu müssen, auszulösen und an­ schließend am PC den gewünsch­ ten Fokus zu wählen, also sich nie mehr mit unscharfen Mo­ mentaufnahmen begnügen zu müssen. So faszinierend die Möglich­ keiten der Lichtfeldfotografie, so die Bezeichnung des zugrunde lie­ genden technischen Verfahrens, auch sind, darf nicht vergessen werden, dass das Konzept der Lytro noch in den Kinderschuhen steckt. Die Bildauflösung und Farbquali­ tät reichen gerade an konventio­ nelle Smartphone­Kameras heran, in puncto Bedienbarkeit und Verar­ beitung hat der Hersteller eben­ falls noch einiges nachzubessern. Neu ist die Lichtfeldfotografie nicht, am Verbrauchermarkt ist die Lytro allerdings Vorreiterin, ent­ sprechend empfehlenswert ist es, diese Technik weiterzuverfolgen. Redaktion N www.lytro.com 292 40 | 41 Aus dem Wettbewerb | Empfehlungen

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Auch Ordensspitäler unterliegen dem Vergaberecht Ordensspitäler sind bisher in der Regel davon ausgegangen, dass sie nicht zur Anwendung des Bundesvergabegesetzes (BVergG) ver­ pflichtet sind. Im gegenständlichen Fall haben zwei Ordensspitäler in Wien und Oberöster­ reich die Lieferung von Herzschrittmachern und Defibrillatoren ausgeschrieben. Im Rechtsstreit vor dem UVS Oberösterreich war die Frage zu klären, ob die beiden Spitäler öf­ fentliche Auftraggeber sind. Eine Einrichtung ist dann als öffentlicher Auftraggeber zu qualifizieren, wenn sie zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu er­ füllen, die nicht gewerblicher Art sind, zumin­ dest teilrechtsfähig ist und überwiegend von anderen öffentlichen Auftraggebern finan­ ziert wird oder hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch andere öffentliche Auftragge­ ber unterliegt. Im gegenständlichen Fall betreiben beide Auftraggeber eine gemeinnützige allgemeine Krankenanstalt, wobei sie eine Betriebspflicht zur Sicherstellung der gesundheitlichen Ver­ sorgung trifft. Diese Aufgaben liegen im Allge­ meininteresse und sind aus Mangel an Wett­ bewerb „nicht gewerblicher Art“. Die Krankenanstalten werden durch den jeweiligen Landesgesundheitsfonds, welcher selbst öffentlicher Auftraggeber ist, finanziert. Darüber hinaus unterliegen sie einer strengen wirtschaftlichen und organisatorischen Auf­ sicht durch den jeweiligen Landesgesund­ heitsfonds und der Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof. Zur Auslegung des Auftraggeberbegriffs zieht der UVS Oberösterreich die Vorgaben der Vergaberichtlinie heran, wonach für Öster­ reich „alle Einrichtungen ohne industriellen oder kommerziellen Charakter, die der Rech­ nungshofkontrolle unterliegen“, als öffentli­ che Auftraggeber gelten. Aus diesen genann­ ten Gründen kam der UVS Oberösterreich zu dem Ergebnis, dass beide Krankenanstalten als öffentliche Auftraggeber zu qualifizieren sind. Fondsfinanzierte Krankenanstalten ha­ ben somit in aller Regel die Vorgaben des BVergG einzuhalten, d. h. sie sind bei der Ver­ gabe von Bau­, Liefer­ und Dienstleistungsauf­ trägen an die Vorgaben des BVergG gebunden und unterliegen insbesondere auch dem ver­ gaberechtlichen Rechtsschutzsystem. (UVS Oberösterreich, 18.09.2013, VwSen­550622/19/Wim/Bu, VwSen­ 550634/9/Wim/Bu) Gregor Stickler/Martina Windbichler (Schramm Öhler Rechtsanwälte www.schramm­oehler.at) N Wir sind die Stadt! Urbanes Leben in der Digitalmoderne Hanno Rauterberg edition suhrkamp 2013 Das posturbane Zeitalter ist aus­ geblieben, die Städte sind nicht verödet, das öffentliche Leben hat sich nicht in den Cyberspace verabschiedet: „Die Stadt ist tot, es lebe die Stadt.“ Mit dieser Lo­ sung beginnt und endet Hanno Rauterbergs wunderbares Buch „Wir sind die Stadt“, das von der Wiederentdeckung des Urbanen erzählt. Es ist ein Urbanismus von unten; geschildert wird, wie und warum sich Bürger den öffentli­ chen Raum auf mannigfaltige Weise aneignen und wie sie ihn verändern. Ausdruck dieses Do­it­ yourself­Urbanismus, der ohne die neuen Kommunikationsmedi­ en nicht denkbar wäre, sind zum Beispiel Urban Gardening, also das Anlegen von Gärten auf Brach­ oder innerstädtischen Grünflä­ chen, Guerilla Knitting, das Schmücken des öffentlichen Rau­ mes mit Selbstgestricktem, Chair Bombing, die eigenmächtige Ins­ tallation von öffentlichen Sitzge­ legenheiten, Guerilla Wayfinding, das behördlich nicht genehmigte Anlegen von Zebrastreifen, oder der PARK(ing) Day, an dem Auto­ stellflächen temporär in Mini­ parks verwandelt werden. Trotz aller Begeisterung betont der Au­ tor, dass Planung nicht obsolet ist , und leugnet auch nicht das Phä­ nomen des Vandalismus, mit dem all diese Aktivitäten zu kämpfen haben. Ein flott geschriebenes Buch, das einen gesellschaftli­ chen Wandel verständlich macht, voller Esprit, aber ohne Theorie­ geschwurbel und Binnen­I. Eine echte Empfehlung. Archizines Eias Redstone (Hrsg.) Bedford Press 2011 Es gibt zwei Sorten von Archi­ tekturzeitschriften: Hochglanzpro­ dukte, die sich an wohlbestallte Leser richten und gut an Insera­ ten aus den Wirtschaftsbereichen Design und Wohnen verdienen. Und dann gibt es Publikationen, die sich an Architekten und Archi­ tektur­Aficionados richten und die oft nur vom Enthusiasmus ih­ rer Macher am Leben erhalten werden: von Fans für Fans. „Archi­ zines“ – abgeleitet von „Fanzine“ – hat Elias Redstone diese Art Zeit­ schriften getauft, die sich als Alternative zu kommerziellen Ar­ chitekturmedien verstehen. Red­ stone hat vor zwei Jahren eine Ausstellung namens „Archizines“ auf die Beine gestellt, die 60 perio­ disch erscheinende unabhängige Schriften zum Thema Architektur aus aller Welt gemeinsam präsen­ tierte. Im dazu erschienenen Kata­ log sind sie alle angeführt, jene Pu­ blikationen, die sich „intelligent und sexy“ mit Architektur ausein­ andersetzen und diese in einen gesellschaftlichen und kulturel­ len Kontext einbetten; dazu gibt es natürlich erläuternde Kurz­ essays. Unter den genannten Pub­ likationen befindet sich übrigens auch eine aus Wien: dérive – zeit­ schrift für stadtforschung, die seit Sommer 2000 vierteljährlich er­ scheint und sich als interdiszipli­ näre Plattform auf den Feldern Ar­ chitektur, Stadt­ und Landschafts­ planung, Raumordnung, bildende Kunst, Geografie, Soziologie, Poli­ tik­ und Medienwissenschaften und Philosophie versteht – in sei­ nem Selbstverständnis ein Para­ debeispiel für ein Archizine im Redstoneschen Sinn. Michael Krassnitzer N Jüngste Entscheidung | Krassnitzers Lektüren

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Wasser, Natur, Kommunikation | Anna Soucek geboren in Wien, Studium in London. Mitarbeit an Ausstellungen, Mitbe­ gründung des forum experimenteller architek­ tur. Freie Mitarbeit bei Radio Österreich 1 (Kunstradio, Leporello, Diagonal, Nachtquartier) Der Architekt Harry Glück im Porträt eine emotionale und auch gegen meine Person gerichtete Opposition“ erfahren, so Glück: „Sind die Vorurteile gegen den Wohnbau der großen Zahl, was der soziale Wohnbau seiner Zielsetzung nach sein muss, überwiegend schicht­ bezogen, die Meinungen Etablierter, denen ‚ihre Krise‘ als Maßstab und Mittelpunkt der Welt gilt, so zeigen die Argumente, besser: die Angriffe gegen das Hochhaus, die in der Folge auf alles Bauen ‚höher als ein Baum‘ erweitert werden, schon eher neurotischen Charakter. Die Hoch­ hausneurose findet sich ja nicht bei den Hausbewohnern, sondern bei Kritikern, die selbst zu ebener Erde wohnen und ihre Phobien projizieren.“ Den Anfeindungen der Fachwelt und dem negati­ ven Image der Wohnblöcke in Alt­Erlaa steht die in sozial­ wissenschaftlichen Studien wiederholt erhobene Zufrie­ denheit der Bewohnerinnen und Bewohner gegenüber. Seinen Leitsatz „Das größtmögliche Glück für die größt­ mögliche Zahl“, den Harry Glück sich einer sozialistischen Bewegung in England im 19. Jahrhundert entliehen hatte und den er als Grundlage jeder humanitären Gesinnung erachtet, konnte der Architekt – offenbar gegen alle Widerstände – mehrfach umsetzen. Als Antrieb nennt er „eine gewisse missionarische Ambition, im Rahmen meiner Möglichkeiten auch für andere nützlich zu sein“. Eine Wurzel dieser Ambition liegt in der Transformation der Gesellschaft im 20. Jahrhundert von einem hierarchi­ schen System zu einer demokratischen, auf Konsum ausgerichteten Massengesellschaft. Glück ist der Über­ zeugung, dass im ausgehenden 20. Jahrhundert und beginnenden 21. Jahrhundert die emanzipierte Unter­ schicht gleiche Ansprüche stellen kann wie zuvor eine privilegierte Oberschicht: Wohnen mit Ausblick, mit verfügbaren Grünflächen, in der Nähe zu einer Wasser­ stelle und in großzügigem Ambiente. Und dass in der „demokratischen Gesellschaft die Wohnbauten den Anspruch haben, dominierende Elemente der Stadt zu sein“. Trotz seiner Errungenschaften im sozialen Wohn­ bau sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Glücks Büro, das zeitweise über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigte, auch weniger spannende Kommerzarchi­ tektur machte wie das Hotel Marriott in Wien, das Glück nach eigenen Angaben „lieber nicht gebaut hätte“. N Harry Glück ist Dienstleister, nicht Formkünstler. Auf diese Unterscheidung legt er Wert, denn sie trennt zwischen jenen Architekten, die sich selbst verwirklichen, und jenen, deren Arbeit im Dienst der Benutzer und Benutzerinnen der Architektur steht. Am 20. Februar 1925 wurde Glück in Wien geboren, er arbeitete als Bühnenbildner, studierte nebenbei Architektur und eröffnete 1966 seine eigenes Büro. Angeblich geht er immer noch täglich hin. Erst 2011 hat Glück, österreichischer Großmeister des sozialen Wohn­ baus, eine weitere Wohnhausanlage in Wien realisiert. Wie viele vorhergehenden Wohnprojekte in Floridsdorf, Meidling und Favoriten beruht auch die Anlage „Am Mühlwasser“ auf dem von Harry Glück entwickelten und aufgrund des langfristigen Erfolgs mehrfach ange­ wandten Prinzips der gestapelten Einfamilienhäuser, das erlaubt, im Rahmen der Möglichkeiten des verdichte­ ten Wohnbaus jeder Einheit einen kleinen Vorgarten oder eine begrünbare Terrasse zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres Merkmal von Glücks Wohlfühlschema ist das von allen Bewohnerinnen und Bewohnern benutz­ bare Schwimmbecken auf dem Dach, ein Ort der Kom­ munikation, an dem man seinen Nachbarn und Nach­ barinnen ungeachtet des sozialen Status und Einkommens begegnen kann. In der Badehose sind alle gleich. Auch die 2007 fertiggestellte Wohnhausanlage Rudolf­Virchow­Straße in Wien­Floridsdorf bietet den Bewohnern einen Swimmingpool am Dach des von Harry Glück geplanten Bauteils. Die Bewohner der an­ geschlossenen anderen beiden Bauteile von Margarethe Cufer bzw. Rüdiger Lainer können die Badeanlage über Glasbrücken erreichen. Für das oft als Merkmal von Glücks Architektur bezeichnete Dachschwimmbad hat der Architekt auch Kritik abbekommen: eine Luxusaus­ stattung, die im sozialem Wohnbau nicht angebracht sei, hieß es, während andere Kritiker – besonders in Bezug auf Glücks größtes und berühmtestes Wohnbauprojekt Alt­Erlaa – von Wohnsilos für anonyme Massen sprachen. Der Wohnpark Alt­Erlaa, entworfen 1968 und errichtet 1973–1985, besteht aus linearen Hochhäusern, deren untere 14 Geschoße, bis auf eine Höhe von etwa 40 Metern terrassiert sind und Raum für individuelle Begrü­ nung bieten. Die Mittelflurerschließung ermöglicht den Zugang zu den Dächern und senkte außerdem die Baukos­ ten – Erspartes wurde wiederum in gemeinschaftliche Einrichtungen gesteckt, in verkehrsfreie Grünflächen zwischen den Blöcken sowie in Hobby­ und Freizeiträume, die die Bewohner nach eigenem Gutdünken ausgestalten konnten. Seit 1995, als die U6­Station eröffnet wurde, ist der Wohnpark für rund 9000 Bewohner im Süden Wiens auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Glück meint angesichts der massiven Anfeindun­ gen und der Marginalisierung seiner Verdienste, dass seine Bauten „diskriminiert oder jedenfalls totgeschwie­ gen“ wurden „von der perfekt organisierten Architektur­ szene“. Im Falle von Alt­Erlaa habe er „ziemlich schnell 292 42 | 43 Wasser, Natur, Kommunikation

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Inhalt 3 4 5 6 Editorial, Pendls Standpunkt Puntigams Kolumne, Dusls Schwerpunkt Standpunkte: Rudolf Kolbe, Walter Stelzhammer, Gerald Fuxjäger Plus / Minus: Jährlicher Fehlanzeige Kurze Nachricht aus Teilnahmebeitrag bei Normenausschüssen Elisabeth Stampfl-Blaha | Christian Aulinger | Klaus Thürriedl dem Exil Wer mit der U1 durch den transdanubischen Raum an den nordöstlichen Rand Wiens fährt, bis zur Endstation Leopoldau, kann dort unerwartet einem Pionier der Wiener Moderne in seinem symbolischen Exil begegnen. Die Adolf­Loos­Gasse säumt einen Teil der Plattenbauten der Großfeldsiedlung aus den frühen 70er­Jahren, bindet diese an U­Bahn und Stadt an. Die Erinnerung an Adolf Loos, den Architekten komplexer Raumkonstruk­ tionen, mutet in der Gesellschaft der anonymen Bauten der Nachkriegsarchitektur wie die provokante Collage von Architekturstudenten an. Der 1970 verliehene Straßenname verweist auf die Sehnsucht der vom Wiederaufbau geprägten Nachkriegsgeneration nach einer mondäneren, exklusiveren Moderne, aber auch auf eine Vernachlässigung, die bis zur Gegenwart reicht. Fern vom Zentrum erscheint die Nennung von Adolf Loos heute weniger als Ehrerbietung denn als Bannspruch, betrachtet man Straßennamen als Teil eines psychogeografischen Raums der Stadt, der das kollektive Bewusstsein und Gedächtnis einer Gesell­ schaft widerspiegelt. André Krammer N 7 Marke 8 – 10 Umsetzen, ausdrücken, spiegeln | Eine Marke bauen, wie soll das gehen? Wolfgang Pauser 11 – 14 Gebaute Unternehmenskultur | Drei Perspektiven auf Corporate Architecture Sebastian Jobst im Dialog mit DMAA, Andreas Leuchtenmüller und Rainer Köberl 15 – 19 traktat über die sprache der architektur | fragment Jan Tabor 20 – 22 Ein Logo ist keine Marke | Branding stellt Ingenieure und Architekten vor äußerst gegensätzliche Herausforderungen Peter Deisenberger 23– 24 Branding im Bauträgerbereich | Ein klarer Gewinn für Mensch und Umwelt Hans-Jörg Ulreich 25– 27 Die Marke „Backstage“ | Über den Bekanntheitsgrad der Bauingenieure Wojciech Czaja 29 Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren | Besuch von Dr. Sachs 30 – 32 Almenvermessungen in Österreich | Ziviltechniker bieten ihre Unterstützung an Michael Krassnitzer 34 – 35 40 Jahre KONstruktiv | Vom offiziellen Organ der Bundesingenieurkammer zur Zeitschrift der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten 36 – 37 Dimensionen der Sanierung | Über die Faktoren nachhaltigen Bauens Wolfgang Amann 38 – 39 100 Jahre Ingenieurkammergesetz | Zur Geschichte der österreichischen Ingenieurkammern Norbert Drexler 40 – 41 Aus dem Wettbewerb | Empfehlungen | Jüngste Entscheidung | Krassnitzers Lektüren 42 Porträt Harry Glück Anna Soucek 43 Fehlanzeige, Das nächste Heft 44 Von oben Impressum konstruktiv 292 Medieninhaber und Herausgeber Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK) 1040 Wien, Karlsgasse 9 T: 01-505 58 07-0, F: 01-505 32 11 www.daskonstruktiv.at Erscheinungsweise Auflage Einzelpreis Abopreis pro Jahr vier Mal jährlich 14.500 Stück 9,00 Euro 24,00 Euro Lektorat Dorrit Korger Grafisches Basiskonzept Gassner Redolfi, Schlins Bohatsch und Partner, Wien Gestaltung vektorama. grafik.design.strategie Wien Druck Ueberreuter Print GmbH, Korneuburg Gedruckt auf SoporSet Premium Abbildungen Seite 3: © Albertina, Wien // Seite 4: Ingo Pertramer, F. = Fotograf Andrea Maria Dusl // Seite 5: Otto Hainzl, bAIK // A. = Architekt Seite 7–27: Victor Enrich // Seite 29: bAIK/Fotografie Johannes Zinner // Seite 30: © Seiser Alm Marketing/ Laurin Moser // Seite 34–35: bAIK/KONstruktiv // Seite 36: Infografik – vektorama.grafik.design. strategie, Wien // Seite 42: Harry Glück // Seite 43: André Krammer, Superuse Studios // Seite 44: MA 41 – Stadtvermessung Die Redaktion ersucht diejenigen Urheber, Rechtsnachfolger und Werknutzungsberechtigten, die nicht kontaktiert werden konnten, im Falle des fehlenden Einverständnisses zur Vervielfältigung, Veröffentlichung und Verwertung von Werkabbildungen bzw. Fotografien im Rahmen dieser Publikation um Kontaktaufnahme. Das Gestaltungskonzept dieser Zeitschrift ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts ist unzulässig. Die Texte, Fotos, Plandarstellungen sind urheberrechtlich geschützt. Offenlegung gemäß §25 Mediengesetz ist auf www.daskonstruktiv.at veröffentlicht. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben ausschließlich die Meinung des Autors wieder, die sich nicht mit der des Herausgebers oder der Redaktion decken muss. Für unverlangte Beiträge liegt das Risiko beim Einsender. Sinngemäße textliche Überarbeitung behält sich die Redaktion vor. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Zugunsten der Lesbarkeit wird, wenn von den Autorinnen und Autoren nicht anders vorgesehen, auf geschlechtsspezifische Endungen verzichtet. Das Zitat auf dem Titel wurde dem Text von Peter Deisenberger entnommen. Das Rotterdamer Architekturbüro Superuse Studios führt in seinen Projekten oft alte Baumaterialien neuen Funktionen zu. Die Hülle des Recycloop, eines offenen Multifunktionspavillons, besteht aus den ausgedienten Spülbecken eines Abrisshauses. Redaktion, Anzeigen & Aboverwaltung art:phalanx Kunst- und Kommunikationsbüro Clemens Kopetzky (Geschäftsleitung) Redaktionsteam Susanne Haider, Sebastian Jobst, Heide Linzer 1070 Wien, Neubaugasse 25 /1 /11 T: 01-524 98 03-0, F: 01-524 98 03-4 redaktion@daskonstruktiv.at, anzeigen@ daskonstruktiv.at, abo@daskonstruktiv.at Redaktionsbeirat Walter Chramosta (Architekturpublizist), Gerald Fuxjäger (Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten), Georg Pendl (Präsident der bAIK), Rudolf Kolbe (Vizepräsident der bAIK und Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg), Sabine Oppolzer (Kulturjournalistin), Wolfgang Pauser (Konsumforscher & Berater), Walter Stelzhammer (Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Das nächste Heft „Alt Jetzt Neu“ – 2014 widmen sich die Architektur­ tage dem Verhältnis zwischen Altem und Neuen. Das KONstruktiv greift dieses Thema in der nächsten Ausgabe auf, um den Fragen nachzugehen, ob in unserer scheinbar schnelllebigeren Zeit Dinge tatsächlich schneller altern, wie mit Altbestand sowohl architekto­ nisch als auch technisch umgegangen wird und was den Unterschied zwischen Trends und tatsächlich Neuem ausmacht.

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292, Zeitschrift der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten Dezember 2013, www.daskonstruktiv.at, Euro 9,– | GZ 12Z039152 M | VPA 1070 Wien 292, Von oben betrachtet sieht das UNIQA Gebäude am Wiener Donaukanal wie ein Q aus. Genauer gesagt wie das Logo jener Versicherung, das von diesem Buchstaben abgeleitet ist. Schon die Entwicklung der Marke war nicht leicht. Galt es doch, die beiden traditionsreichen Unternehmen „Bundesländer“ und „Austria Collegialität“ zu vereinen. Ob sich das fusio­ nierte Management auch auf einen Inhalt für die neue Marke einigen konnte, darf bezweifelt werden. Denn die nackte Tatsache der Vereinigung musste für Namen und Logo herhalten. Immerhin sorgt das Fehlen des U vor dem Q für Markanz und formale Uniqueness. So betrachtet, muss man es dem Gebäude nachsehen, dass es so simpel und direkt das Logo als Außenform für ein Bürohaus verwendet. Denn selbst wenn Architekten fähig und willig sind, die schwierige Aufgabe auf sich zu nehmen, eine Marke in den Raum zu über­ setzen und eine Corporate Architecture zu entwickeln, die diesen Namen verdient, benöti­ gen sie dafür allemal einen Inhalt, eine Botschaft, eine Persönlichkeit, eine kulturelle Identität. Sie benötigen all das, was eine Marke ausmacht. Das Logo ist nur eine der vielen Erscheinungsformen einer Marke. Soll auch der Firmen­ sitz als Medium funktionieren, muss die Marke in der Sprache der Architektur buchstabiert werden. Und nicht umgekehrt Bauten zu Buchstaben geformt. Was käme heraus, wenn alle Gebäude von Firmen im Grundriss deren Logos zeigten? Vielleicht etwas Lustiges! Corporate Architecture sicherlich nicht. Wolfgang Pauser N Marke „Viele Menschen meinen, eine Marke sei ein Logo. Also ein Name, verbunden mit einer visuellen Logogestaltung und einem Corporate Design. Zeichen ohne Bedeutung sind jedoch ziemlich leer.“